Reichsbürger-Gruppierung
Bei Razzia wurden Dutzende Schusswaffen gefunden
27.12.2022, 16:31 (CET), letztes Update: 27.12.2022, 16:39 (CET)
Eine große Razzia gegen mutmaßliche terroristisch organisierte «Reichsbürger» in Deutschland war letztens in aller Munde. In sozialen Netzwerken kritisierten manche, dass die Berichterstattung übertrieben gewesen sei und behaupteten, dass nur eine Schusswaffe gefunden worden sei - auch in einem weit verbreiteten Bild wird dies so dargestellt. Es stimmt aber nicht.
Bewertung
Es gab wenige Stunden nach den Durchsuchungen tatsächlich erste Berichte über nur eine sichergestellte Schusswaffe. Doch bereits am Abend des selben Tages wurden Informationen publiziert, wonach mehrere Schusswaffen gefunden worden waren. Insgesamt waren es laut Innenausschuss des Deutschen Bundestages mehr als 40 Feuerwaffen. Die Falschbehauptung, dass es nur eine Waffe gewesen sei, hielt sich dennoch in sozialen Medien.
Fakten
Die Razzia wurde am Mittwoch, den 7. Dezember 2022, an mehreren Standorten in Deutschland sowie in anderen europäischen Ländern durchgeführt. Im Fokus stand dabei eine Gruppierung, die den «Reichsbürgern» zugerechnet wird. Ihr wird vorgeworfen, einen gewaltsamen Umsturz in Deutschland geplant zu haben.
Angeordnet waren die Durchsuchungen vom deutschen Generalbundesanwalt. Dessen Angaben vom 7. Dezember zufolge wurden insgesamt mehr als 130 Objekte durchsucht. Später wurden in einer Aussendung des Deutschen Bundestags «rund 160 Objekte» erwähnt.
Als erste Medienberichten erschienen, war das Ausmaß der Razzia noch nicht bekannt. Die deutsche Zeitung «Welt» etwa zitierte vorläufige Erkenntnisse aus Sicherheitskreisen zu den sichergestellten Waffen: «Nach Informationen von WELT wurden bislang eine scharfe Schusswaffe, Schreckschusswaffen, Prepper-Vorräte und Tausende Euro Bargeld gefunden.» Der Artikel ist heute noch in dieser Version abrufbar.
Noch am selben Abend wurden die Zahl der Waffenfunde konkretisiert. Nach Angaben des Präsidenten des Bundeskriminalamts, Holger Münch, im ZDF-«heute journal» wurden in etwa 50 durchsuchten Objekten Waffen gefunden: «von der Armbrust und der Steinschleuder bis hin zur Pistole und zur Langwaffe und auch Munition». Die «Welt» verwies auf die Angaben von Münch in einem neuen Artikel am 8. Dezember.
Konkretere Zahlen wurden kurz darauf am Montag, dem 12. Dezember, in Sondersitzungen des Rechts- und des Innenausschusses des Deutschen Bundestages mittgeteilt. Verschiedene Medien berichteten über die neuen Informationen unter Berufung auf Angaben von Ausschussmitgliedern. Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) schrieb von «Dutzenden Waffen», «darunter drei scharfe Schusswaffen». Darüber hinaus seien Magazine für weitere Waffen gefunden worden.
Die «Welt» berief sich ebenfalls auf Ausschussmitglieder und berichtete, dass 93 Waffen beschlagnahmt worden seien. Darunter seien «19 Faustfeuerwaffen (Kurzwaffen) sowie 25 Langwaffen» gewesen. Darüber hinaus seien Messer, Armbrüste, Dekowaffen und Schreckschusspistolen gefunden worden sowie «rund 200 legale Waffen eines Waffenhändlers, der ebenfalls zu den Beschuldigten gehört».
Von Anfang an war klar, dass es sich bei der Angabe zu einer einzelnen Schusswaffe lediglich um eine erste Information handelte. Folgende Berichte machten stets deutlich, dass das Ausmaß der Waffenfunde größer war. Dennoch hielt sich die frühe Angabe auch Tage später noch in Blogbeiträgen und in den sozialen Netzwerken. Sie wurde auch in verschiedenenBildern wiedergegeben, die zur schnellen Verbreitung im Netz gedacht sind.
Reichsbürger glauben einem Verschwörungsmythos, wonach die Bundesrepublik Deutschland kein souveräner Staat sein soll.
(Stand: 27.12.2022)
Links
Informationen zu «Reichsbürgern» (archiviert)
Pressemitteilung des Generalbundesanwalts (7.12.2022) (archiviert)
Bericht der «Welt» zu den Razzien (7.12.2022) (archiviert)
ZDF-Interview mit BKA-Chef Münch (7.12.2022) (archiviert)
«Welt»-Bericht u.a. mit Angaben von Münch (8.12.2022) (archiviert)
Pressemitteilung zur Sitzung des Rechtsausschusses (12.12.2022) (archiviert)
Pressemitteilung zur Sitzung des Innenausschusses (12.12.2022) (archiviert)
dpa-Bericht zum Stand der Ermittlungen (13.12.2022) (archiviert)
«Welt»-Bericht mit neuen Angaben (13.12.2022) (archiviert)
Blogbeitrag mit Falschangabe (14.12.2022) (archiviert)
Beitrag auf Facebook (9.12.2022) (archiviert)
Meme auf Facebook (8.12.2022) (archiviert)
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