Finanzielle Unterstützung

Asylsuchende bekommen weniger Geld als Angestellte

22.12.2022, 18:11 (CET)

Wenn es um die finanzielle Unterstützung von Flüchtlingen geht, geistern viele Zahlen durch die sozialen Netzwerke. Angestellte Vergleiche sind häufig schief oder schlicht falsch.

Ein Sharepic, das auf Zahlen von 2016 beruht, macht neuerdings wieder in sozialen Netzwerken die Runde. Es soll aufzeigen, wieviel mehr Geld ein "Asylant" am Ende des Monats verglichen zu einem durchschnittlichen Angestellten übrig hat. An der Rechnung stimmt jedoch so einiges nicht. 

Bewertung 

Abgesehen davon, dass sich die Zahlen mutmaßlich auf die Wiener Mindestsicherung von 2016 beziehen, sind sie nicht korrekt. Denn einerseits steht die Mindestsicherung nur anerkannten Flüchtlingen unter bestimmten Voraussetzungen zu, andererseits müssen die anderen aufgeführten Posten auch daraus bezahlt werden. Zudem liegt das angenommene Angestelltengehalt deutlich zu niedrig. 

Fakten 

Tatsächlich wird im Posting nicht erklärt, wofür der verwendete Begriff "Asylant" steht. Gemeint sein könnten damit Asylwerber, aber auch Asylberechtigte. Der Unterschied liegt im anerkannten Asylbescheid, den nur letztere haben. 

Asylberechtigte sind auch Teil der Personengruppe, die unter gewissen Voraussetzungen (etwa ein Einkommen unterhalb des Mindeststandards sowie keine abgeschlossene Ausbildung oder Matura) Anspruch auf die Mindestsicherung hat. Diese betrug in Wien im Jahr 2016 exakt 837,76 Euro und dürfte damit die Grundlage für die Berechnung im Posting gewesen sein. Aktuell beträgt sie 977,94 Euro

Liegt das Einkommen dieser Personen unterhalb dieser Schwelle, kann ihnen der fehlende Betrag ausbezahlt werden – "damit ein Mindesteinkommen in Höhe des Mindeststandards gesichert ist", heißt es dazu von der Stadt Wien. 

Darin ist bereits ein "Grundbetrag zur Deckung des Wohnbedarfs" enthalten, der im höchsten Fall (für Alleinstehende und Alleinerziehende) 244,48 Euro beträgt. Im Jahr 2016 lag er bei 209,44 Euro. Auch für die im Posting erwähnten Posten "Verpflegung" und "Kleidung, Handy" müssen selbst aus der Mindestsicherung bezahlt werden und werden nicht extra zugeschossen. 

Ohne positiven Asylbescheid hat man in Österreich nur Anspruch auf die Grundversorgung. Asylwerber haben also weit weniger als die behaupteten 837 Euro im Monat zur Verfügung. Dem Gesetzestext ist zu entnehmen, dass sich diese aus deutlich unter der Mindestsicherung liegenden finanziellen Hilfen für Wohnen und Verpflegung, Taschen- und Freizeitgeld und jährliche Einmalzahlungen für Schulbedarf und notwendige Kleidung zusammensetzt. Deren Höhe ist seit 2004 unverändert

Das im Posting angegebene Angestelltengehalt ist deutlich niedriger als das Durchschnittsgehalt von Angestellten. 2016 lag dieses bei 2.360 Euro brutto, das sind etwas mehr als 1.700 Euro netto, 2020 waren es 2.640 Euro brutto, also etwa 1.750 Euro netto. Zudem werden Angestelltengehälter in Österreich nicht wie Mindestsicherung und Grundversorgung zwölfmal, sondern 14-mal ausbezahlt

(Stand: 22.12.2022) 

Links

Facebook-Posting (archiviert

Begriffsbestimmungen zum Thema Asyl (archiviert

Erklärungen zu Mindeststandards (archiviert

Antragsseite für Mindestsicherung in Wien (archiviert

Wiener Mindestsicherungsgesetz 2016 (archiviert

Fassung für das Jahr 2022 (archiviert

Allgemeines zur Wiener Grundversorgung (archiviert

Gesetzestext Wiener Grundverordnung (archiviert

Grundversorgungsvereinbarung vom 1.5.2004 (archiviert

Durchschnittsgehalt 2016 (archiviert

Brutto-Netto-Rechner

Durchschnittsgehalt 2020 (archiviert

Weihnachts- und Urlaubsgeld (archiviert)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an factcheck-oesterreich@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.