Behauptungen ohne Beleg

EU-Richtlinie zu Energiestandards noch nicht beschlossen

16.03.2023, 15:49 (CET)

Der Europäischen Union (EU) wird oft Realitätsferne und Bevormundung vorgeworfen. So warnt ein Sharepic vor einem neuen EU-Gesetz, das angeblich 35 Millionen Gebäude über Nacht wertlos machen soll. Wenn die Häuser in spätestens sieben Jahren nicht bestimmten Energiestandards entsprechen, dürften sie nicht mehr bewohnt werden, so die Behauptung.

Bewertung

In der EU wird zwar über neue Richtlinien für die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden beraten. Aus den bisherigen Textvorschlägen geht jedoch nicht hervor, dass Häuser dadurch wertlos oder nicht mehr bewohnbar werden.

Fakten

In der EU gibt es Überlegungen, die Energiebilanz von Gebäuden zu regulieren. Schon am 15. Dezember 2021 hatte die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden vorgelegt. Ein Gesetz wurde dazu aber noch nicht beschlossen.

Das bereits zuvor festgelegte Ziel, bis zum Jahr 2050 einen «emissionsfreien Gebäudebestand» zu erreichen, wurde dort bekräftigt. Alle neuen Gebäude sollen spätestens mit dem Jahr 2030 emissionsfrei sein. Bestehende Gebäude mit der Gesamtenergieeffizienzklasse G sollen bis dahin mindestens die höhere Effizienzklasse E erreicht haben.

Die Behauptung, dass 35 Millionen Häuser in Europa angeblich über Nacht wertlos werden, geht vermutlich auf einen Satz in einer Mitteilung der EU-Kommission vom 14. Oktober 2020 zurück. Darin geht es um die Förderung von Gebäuderenovierungen in Sachen Klimaschutz. «Wenn die Kräfte zur Erreichung dieser Ziele auf allen Ebenen mobilisiert werden, können bis 2030 35 Millionen Gebäudeeinheiten renoviert werden», heißt es darin. Dass die Häuser ansonsten wertlos oder sogar nicht bewohnbar werden, steht dort nicht.

Dies alles ist bisher ein Vorschlag der EU-Kommission und nicht wie behauptet ein neues EU-Gesetz. Der Ministerrat einigte sich am 25. Oktober 2022 auf einen Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie. Die Regierungen wichen darin wesentlich von den vorgeschlagenen Zahlen der Kommission ab. Sie plädieren für einen «nationalen Pfad», der an nationalen Plänen für die Gebäuderenovierung ausgerichtet ist.

Das Europaparlament hingegen forderte in einem am 15. Februar 2023 im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie veröffentlichten Bericht eine Verschärfung des Vorschlags der EU-Kommission. Wohngebäude müssten ab Januar 2030 mindestens die Gesamtenergieeffizienzklasse E erreichen.

In einem Votum am 14. März 2023 legte sich das Parlament dann auf die Position fest, dass alle Neubauten ab 2028 emissionsfrei und wenn möglich mit Solartechnik ausgestattet sein sollen. Bestehende Wohngebäude sollen bis zum Jahr 2030 die Energieeffizienzklasse E und bis 2033 die Klasse D erreicht haben.

Die Pläne sehen auch vor, EU-Regierungen zur Unterstützung von einkommensschwachen Bewohnern zu verpflichten. Öffentliche Sozialwohnungen könnten etwa ausgenommen werden, falls Renovierungen zu einem Anstieg der Mieten führen würde, der nicht mit Energieeinsparungen ausgeglichen werden könne.

Nachdem das Plenum des Europaparlaments seine Position festgelegt hat, kann eine Debatte zwischen Kommission, Rat und Parlament über den endgültigen Wortlaut der Richtlinie beginnen. Die Mitgliedsstaaten müssen dann entsprechende Gesetze beschließen und können dabei auch von Spielraum Gebrauch machen, den die Richtlinien bietet.

(Stand: 15.3.2023)

Links

Vollständiges Sharepic (archiviert)

Richtlinienvorschlag EU-Kommission (archiviert)

Mitteilung der EU-Kommission (archiviert)

Stellungnahme EU-Ministerrat (archiviert)

Bericht Europaparlament (archiviert)

Beitrag auf Facebook (archiviert)

Bericht zum Votum des EU-Parlaments (archiviert)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an factcheck-oesterreich@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.