«Neue Daten aus Italien»

Diese Zahlen zu schweren Erkrankungen sind erfunden

07.12.2022, 14:49 (CET)

Rund um die Corona-Pandemie werden laufend Unmengen an Daten veröffentlicht. Es lohnt sich, auf offizielle Angaben zurückzugreifen. Andernfalls könnte man auf höchst fragwürdige Zahlen hereinfallen.

Impfkritiker werden nicht müde, die angebliche Gefährlichkeit der Impfung gegen schwere Verläufe von Covid-19 zu betonen. Immer wieder tauchen neue Horrorzahlen aus aller Welt auf, die belegen sollen, dass die Impfung weit gefährlicher sein soll als das Virus selbst. Manchmal sind die Daten aus dem Zusammenhang gerissen, oftmals werden sie falsch interpretiert und gelegentlich sind sie schlicht falsch. Letzteres gilt auch für ein österreichisches Posting mit vermeintlichen Zahlen aus Italien. 

Bewertung 

Die Zahlen lassen sich aus keinen offiziellen Daten ableiten und sind offenbar frei erfunden. 

Fakten

Die angeblichen Daten des «Statistischen Instituts der Regierung» Italiens entbehren großteils jeglicher Grundlage. Immerhin: Der «geimpfte Bevölkerungsanteil» liegt demnach bei exakt 80 Prozent – das stimmt zumindest annähernd mit offiziellen Zahlen überein, die derzeit bei 86,2 Prozent (mindestens einmal geimpft), 81,3 Prozent (vollständig geimpft) und 77,1 Prozent (geboostert) liegen. 

Darüberhinaus wirft das Posting mit abenteuerlichen Zahlen um sich: So soll in einem nicht näher definierten Zeitraum des Jahres 2022 die Zahl der Fehlgeburten um 279 Prozent gestiegen sein, jene der Herzinfarkte um 269 Prozent und die der Lungenembolien um 458 Prozent. Eierstock-Fehlfunktionen stiegen demnach um 437 Prozent an, Brustkrebs-Fälle um 487 Prozent und Erkrankungen an multipler Sklerose gar um 680 Prozent. 

Zahlen aus dem Istituto nazionale di statistica (ISTAT), wie das staatliche statistische Amt Italiens richtig heißt, widerlegen diese Behauptungen deutlich. Zwar stammen die aktuellsten Zahlen zu den Todesursachen in Italien aus dem Jahr 2019. Doch daraus geht hervor, dass auch in Italien Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen mit deutlichem Abstand die meisten Opfer forderten. 

Die angebliche enorme Steigerung bei Herzinfarkten um 269 Prozent müsste sich also auch in der Gesamtzahl der Todesfälle in Italien widerspiegeln. Das tut sie allerdings nicht: Laut ISTAT-Daten wurden in den ersten neun Monaten exakt 530.145 Todesfälle erfasst, um rund 4.500 weniger als im Vergleichszeitraum des Jahres 2021. 

Besonders absurd werden die Zahlen am Ende des Postings: «Plötzliche unerwartete Todesfälle» sollen im Jahr 2022 sprunghaft angestiegen sein, nämlich auf 548.000 in den ersten drei Quartalen gegenüber der Hälfte im gesamten Vorjahr und einer beinahen Vervierfachung gegenüber dem Jahr 2020. 

Nicht nur bleibt das Posting eine Erklärung schuldig, was mit «plötzlich und unerwartet» gemeint ist und ob das mit der Corona-Impfung in Verbindung stehen soll. Auch der Wert kann nicht stimmen, da er um fast 20.000 höher liegt als die Gesamtzahl der Toten bis Ende September 2022 aus dem obengenannten Dokument. 

Die Gesamtzahl der Corona-Todesfälle seit Beginn der Pandemie beläuft sich auf aktuell rund 180.000. Dafür, dass die Impfung (wie das Posting suggeriert) die Ursache für ein Vielfaches davon sein soll, gibt es keinerlei Belege – am allerwenigsten im Facebook-Beitrag selbst. 

(Stand: 7.12.2022) 

Links

Facebook-Posting (archiviert

Sharepic mit Zahlen, archiviert

Aktuelle Corona-Daten aus Italien (archiviert

ISTAT-Daten zu Todesursachen (archiviert

Dokument: Zahl der Toten in Italien 2022 (archiviert

Bestätigte Corona-Todesfälle in Italien (archiviert)

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