Kein «QR-Impfweltpass»
G20 werben für gegenseitige Anerkennung von nationalen Impfnachweisen
24.11.2022, 11:44 (CET)
Einmal im Jahr kommt die G20-Gruppe führender Industrie- und Schwellenländer zu einem Gipfeltreffen zusammen. Heuer fand es am 15. und 16. November in Bali statt. Rund um die diesjährige Abschlusserklärung kursiert online die Behauptung, dass die G20 sich auf ein internationales Gesundheitszertifikat geeinigt hätten. In der «nächsten Pandemie» werde internationales Reisen nur noch mit dem «QR-Impfweltpass» möglich sein (archiviert).
Bewertung
Es gibt keinen derartigen Beschluss der G20. Zur Erleichterung des Reiseverkehrs soll lediglich die Zusammenarbeit der Staaten bei der Anerkennung von Impfnachweisen verbessert werden.
Fakten
19 Nationen sowie die Europäische Union gehören zur «Gruppe der 20» (G20). Sie stehen für knapp zwei Drittel der Weltbevölkerung, drei Viertel des Welthandels und vier Fünftel der weltweiten Wirtschaftskraft. Die Beschlüsse der G20 sind rechtlich nicht bindend.
Neben Fragen von Wirtschaft und Finanzen geht es bei G20-Treffen mittlerweile auch um andere globale Themen, wie etwa Konsequenzen der Covid-19-Pandemie. Das geht aus der 17-seitigen Abschlusserklärung hervor, auf die sich auch die in Sozialen Medien kursierende Behauptung stützt.
Angeblich geht aus folgender Passage unter Punkt 23 hervor, dass internationale Reisen künftig «nur noch mit dem QR-Impfweltpass möglich» seien: «Wir anerkennen die Bedeutung von gemeinsamen technischen Standards und Überprüfungsmethoden im Rahmen der IHR (2005) zur Erleichterung des nahtlosen internationalen Reiseverkehrs, der Interoperabilität und der Anerkennung von digitalen Lösungen und nicht-digitalen Lösungen, einschließlich des Nachweises von Impfungen.» Dieser Satz bezieht sich auf die Internationalen Gesundheitsvorschriften (IHR) der Weltgesundheitsorganisation, die seit 2005 völkerrechtlich verbindlich sind.
Weder in dieser Textpassage noch in anderen Teilen der Gipfel-Erklärung finden sich Hinweise darauf, dass irgendeine Regierung oder gar mehrere Regierungen beabsichtigen, bei allen Auslandsreisen einen digitalen Impfpass zu verlangen. Weder von einem internationalen Gesundheitszertifikat noch von einem «QR-Impfweltpass» ist die Rede.
Bei einem vorbereitenden Treffen der Gesundheitsminister Ende Oktober wurde im Gegenteil explizit festgelegt, dass die Impfnachweise nicht gegen den Willen der Staaten vereinheitlicht werden sollen. Auf Seite 5 der Erklärung heißt es unter Punkt 23 dazu: «Die Minister respektieren die Autonomie der einzelnen Länder in föderativer Weise, um die Interoperabilität der verschiedenen digitalen Impfbescheinigungen zu erreichen, die im Einklang mit nationalen und internationalen Gesundheitsvorschriften wie der IHR (2005) stehen.»
Es geht also in beiden Erklärungen um Interoperabilität, also das Zusammenspiel der verschiedenen Systeme - und nicht um einen einheitlichen «QR-Impfweltpass».
Derzeit sind zwischen vielen Ländern Reisen ohne Impfnachweise, Genesungszertifikate oder negativen Tests möglich. Andere Länder verlangen hingegen schon seit Jahrzehnten von Einreisenden Nachweise über bestimmte Impfungen, um die Einschleppung von Krankheiten zu verhindern.
(Stand: 22.11.2022)
Links
Erklärung G20 Bali (archiviert)
Über die International Health Regulations (IHR) (archiviert)
APA/dpa/AFP-Artikel über Gipfel-Erklärung (archiviert)
APA-Artikel über Entwurf der Abschlusserklärung
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