Russischer Angriff

Videos mit Verwundeten aus Kiew sind echt

28.10.2022, 11:25 (CEST)

Russland versucht seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine Bilder von Gräueltaten seiner Soldaten als ukrainische Propaganda abzutun. Unabhängige Journalisten und Fotografen an den Kriegsschauplätzen kennen und teilen die Wahrheit.

Im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine wurde von Beginn an auf die Macht der Bilder, aber auch der Falschinformationen gesetzt. Zuletzt war das in einem oft geteilten Clip nach den russischen Luftangriffen auf die ukrainische Hauptstadt Kiew der Fall. Darin sind verwundete Zivilisten zu sehen. Für Sympathisanten der russischen Seite ist das alles freilich nur Show

Bewertung 

Der Clip ist echt, die verwundeten Zivilisten sind es auch. Von der Szenerie gibt es mehrere Videos und Fotos aus verschiedenen Blickwinkeln.

Fakten

Dass umherfliegende Teile eines schwer getroffenen Bürogebäudes namens Tower 101 Menschen in dessen Umgebung verletzt haben, bestätigte der Fotograf Efrem Lukatsky der französischen Zeitung Libération. Der Mann fotografierte die Verwundeten aus dem Videoclip an Ort und Stelle für die Nachrichtenagentur AP. 

Andere Fotografen bestätigten die Echtheit der Verletzungen. Wolfgang Schwan, der einige seiner Fotos für die türkische Agentur Anadolu auch auf Instagram stellte, beschreibt die Tatsachen in seinem Posting ähnlich. Er zeigt die verwundeten Menschen, Blutflecken und den zerstörten Büroturm, in dem etwa auch die Firma Samsung Büros hatte. 

Der Fotograf Oleksandr Khomenko sprach persönlich mit der verletzten Frau, während ihr der Kopf verbunden wurde. Khomenko setzt seine Beobachtungen in dem knapp einminütigen Facebook-Video fort, das mit einem Blick auf das verwüstete Gebäude endet. Der Schauplatz der Videos ist eine Straßenkreuzung nahe dem Bahnhof Kiew-Passaschirski. 

In dem in sozialen Medien vielfach geteilten kurzen Clip sagt die Frau: «Ich mache jetzt ein Foto von mir und schicke es meiner Schwester in Russland». Die Untertitel dazu stammen vom TV-Sender «Ost West TV», einem der letzten russland-kritischen Kanäle, die ihr Programm noch auf Russisch senden. 

Für kremltreue Beobachter ist dieser Satz ein angeblicher Beweis dafür, dass es sich nur um ukrainische Propaganda handeln kann. Doch die Videos zeigen deutlich, dass die Verwundeten Glück im Unglück hatten: Sie erlitten keine lebensgefährlichen Verletzungen. 

AP-Fotograf Lukatsky fand dafür gegenüber Libération deutliche Worte: «Alle grausamen Videos und Fotos von Opfern russischer Truppen (…) wurden von Russen und ihren Unterstützern als Fälschung präsentiert. Sie haben keine ehrlichen Quellen. Ihr Journalismus ist kein Journalismus, sondern Propaganda.»

(Stand: 27.10.2022) 

Links

dpa-Faktencheck vom April 2022

Artikel auf tagesschau.de (archiviert) (Video archiviert

Facebook-Posting mit Video (archiviert

Faktencheck auf liberation.fr (archiviert

AP-Foto von Efrem Lukatsky (archiviert

Instagram-Beitrag von Wolfgang Schwan (archiviert

Presseaussendung Samsung (archiviert

Facebook-Profil von Oleksandr Khomenko (archiviert

Standort bei Google Street View (archiviert

Artikel auf deutschlandfunkkultur.de (archiviert)

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