BBC-Video

Frau in beschossener Stadt Irpin befand sich kurz vorher ebenfalls in Deckung vor Luftangriffen

14.10.2022, 13:02 (CEST)

Manipulieren Medien die Bürger beim Meinungsbildungsprozess? Diese These wird auch beim Thema Krieg in der Ukraine wieder oft verbreitet. Doch Beispiele dafür sind oft selbst manipulativ ausgewählt.

Warnung: In diesem Artikel verlinkte Seiten können schockierende Bilder enthalten.

Zahlreiche Ukraine-Kritiker und prorussische Social-Media-User verharmlosen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Vor allem die Medienberichterstattung ist ihnen ein Dorn im Auge. Mit einem aktuellen Beispiel (hier archiviert) wird auch derzeit Medien unterstellt, manipulative und gestellte Szenen zu erzeugen. In einer Foto-Collage sieht man einen Reporter mit Helm und Schutzweste hinter einer Deckung liegen, während eine Frau in Zivilkleidung scheinbar furcht- und schutzlos hinter ihm steht. Wie gefährlich war die Situation?

Bewertung

Die Bilder stammen aus einer BBC-Fernsehproduktion zu den Angriffen russischer Streitkräfte auf die Stadt Irpin. Die Frau auf den Aufnahmen befand sich zu Beginn der betroffenen Szene ebenfalls in Deckung.

Fakten

Auf den Fotos zu sehen ist der BBC-Reporter Jeremy Bowen. Der britische Nachrichtensender veröffentlichte am 6. März 2022 einen Fernsehbeitrag aus der damals beschossenen Stadt Irpin.

Die relevante Szene wurde am Rande der Stadt bei einer zerstörten Brücke gedreht. Zivilisten mussten sie für die Flucht überqueren, wie Bowen erklärt, der sich in der Nähe befand. Viele hätten dort zudem Schutz vor Luftangriffen gesucht.

Im Video sind immer wieder Einschläge zu hören. Es werden Zivilisten gezeigt, die aus der Stadt in Richtung Kiew fliehen. Die Flüchtenden tragen dabei ihre Habseligkeiten wie Koffer, Taschen, aber auch Kuscheltiere oder Welpen. Zu sehen ist auch eine Familie, die noch in Irpin durch einen Luftangriff ums Leben kam.

Auch die Frau auf den Bildern zählt zu den Personen, die dort in Deckung gegangen waren. Das ist eindeutig zu Beginn des Videoausschnittes zu sehen. Die Frau verlässt schließlich gemeinsam mit anderen Personen die Deckung und nähert sich dem Reporter. Von diesem Moment stammen die Bilder in den Social-Media-Postings. Sie belegen also nicht, dass der Reporter, wie im Post ironisch angedeutet, die Gefahrensituation nur vorgetäuscht hat.

Bowen verbrachte nach Angaben der BBC dort den Tag. Im Video sieht man ihn mit Helm und einer Schutzweste, auf der das Wort «Press» (Presse) steht. Mit einem Mikrofon in der Hand liegt er in der Aufnahme am Boden hinter einer Deckung.

Jeremy Bowen nahm in einem Twitter-Beitrag selbst Stellung zu den Vorwürfen und Verharmlosungen. Anschuldigungen, wonach er bei dem Einsatz etwas vorgetäuscht hätte, seien falsch. «Beleidigt mich, wenn ihr wollt. Beleidigt nicht Tausende von Zivilisten, die über die Irpin-Brücke nach Kiew vor dem russischen Beschuss und den Kriegsverbrechen flüchten», so Bowen.

(Stand: 13.10.2022)

Links

BBC-Videobeitrag auf Youtube (archiviert)

The New York Times-Bericht zu den Angriffen auf Zivilisten durch russische Kräfte (archiviert)

Foto der zerstörten Brücke in Irpin (archiviert)

Tweet von Jeremy Bowen (archiviert)

Facebook-Post (archiviert)

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