Britische Notenbank kauft Staatspapiere mit langer Laufzeit

4.10.2022, 13:00 (CEST)

Völlig unbelegt wird behauptet, die Bank von England sei zusammengebrochen. Die britische Notenbank ergriff vielmehr eine Maßnahme, um den heimischen Kapitalmarkt zu stabilisieren.

Ende September kündigte die britische Regierung erhebliche Steuersenkungen an. Daraufhin stiegen die Zinsen von langfristigen Staatsanleihen und das britische Pfund stürzte am Devisenmarkt ab. Um die heimische Wirtschaft vor einer Verschärfung der Krise zu bewahren, ergriff die Bank of England - die Notenbank des Vereinigten Königreichs - drastische Maßnahmen. Rund um diese verbreiten sich falsche Informationen. So heißt es etwa als Kommentar zu einem Beitrag des TV-Senders Sky, dass die Bank angeblich zusammengebrochen sei. Worum es wirklich geht.

Bewertung

Die Bank of England erwirbt vorübergehend britische Staatspapiere, wie im Beitrag berichtet wird. Damit will sie den Kapitalmarkt Großbritanniens stabilisieren. An keiner Stelle des Beitrags ist von einem Zusammenbruch der Notenbank die Rede.

Fakten

Das auf Facebook kursierende Video ist ein Ausschnitt einer Nachrichtensendung des TV-Senders Sky vom 28. September 2022; es findet sich auf dem verifizierten YouTube-Kanal des Senders. In dem Beitrag liest der Wirtschaftsjournalist Ed Conway einen Teil der kurz zuvor veröffentlichten Presseaussendung der Bank of England - der britischen Notenbank - vor und ordnet deren Inhalt ein.

In der Mitteilung heißt es, die «signifikante Neubewertung der britischen sowie globalen Kapitalanlagen» – also der Absturz des Pfundes - habe erheblichen Einfluss auf britische Staatspapiere mit langer Laufzeit. Deren Zinsen waren in den Tagen davor stark angestiegen. Experten sahen die zu diesem Zeitpunkt noch angepeilten Steuersenkungen der neuen Regierung als Grund dafür an.

Sollte sich die Störung auf dem Markt fortsetzen oder verschlimmern, werde es ein erhebliches Risiko für die Finanzstabilität des Vereinigten Königreichs geben, so die Notenbank in ihrer Mitteilung vom 28. September weiter.

Um die Funktionsfähigkeit der Märkte wiederherzustellen und Risiken für britische Haushalte und Unternehmen zu minimieren, werde die Bank of England daher vorübergehend britische Staatspapiere mit langer Laufzeit erwerben. Eine Obergrenze wurde nicht genannt, die Käufe sollen allerdings zeitlich begrenzt bis Mitte Oktober stattfinden. Der Eingriff der Notenbank gilt als heikel, weil diese eigentlich damit beginnen wollte, ihren hohen Anleihebestand zu veräußern.

Weder im Sky-Beitrag noch in der Presseaussendung noch in anderen Medienberichten (hier, hier) ist indes von einem Zusammenbruch der Bank of England die Rede.

Unterdessen ruderten die britische Premierministerin Liz Truss und ihr Finanzminister Kwasi Kwarteng mit ihren Steuermaßnahmen teilweise zurück. So soll der Spitzensteuersatz doch nicht abgeschafft werden. Steuersenkungen für andere Einkommensgruppen soll es aber trotzdem geben, wie etwa der ORF berichtet.

(Stand: 4.10.2022) 

Links

Beitrag Sky News (archiviert, Video archiviert

Journalist Ed Conway (archiviert)

Presseaussendung der Bank of England von 28. September 2022 (archiviert)

dpa-Artikel zur Notenbank-Maßnahme via Wirtschaftswoche (archiviert)

Gilt Market (archiviert)

APA-Artikel (archiviert)

Guardian-Artikel (archiviert)

ORF-Artikel (archiviert)

Facebook-Posting (archiviert, Video archiviert)

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