Energiekrise plagt auch Länder mit konservativen Regierungen

29.9.2022, 11:28 (CEST)

Eine Regierungsbeteiligung der Grünen ist nicht nur in Österreich vielen Kritikern ein Dorn im Auge. Auch in Deutschland werden sie regelmäßig das Ziel von Falschinformationen. Neuerdings wird auf einem Sharepic (archiviert) behauptet, nur dort, wo die Grünen mitregierten, gebe es eine Energiekrise. Benzinpreise in verschiedenen Ländern sollen dies belegen. Ist das wirklich so?

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Auch Länder mit konservativen Regierungen befinden sich gerade tief in einer Energiekrise. Politische Entscheidungen der deutschen Regierung haben nur geringe Auswirkungen auf aktuelle Benzinpreise.

Fakten

Das geteilte Bild stammt ursprünglich vermutlich vom Facebook-Profil des deutschen AfD-Politikers Martin Sichert. Das legt die Aufschrift «SichertDeutschland» nahe.

Ein Link führt auf die Seite Globalpetrolprices.com. Dort werden Daten zu Energie-Rohstoffen gesammelt, im Sharepic angeführt sind die Daten vom 12. September 2022.

Die Werte sind korrekt, allerdings ist eine Vergleichbarkeit aufgrund der unterschiedlichen Kaufkraft in den Ländern nicht gegeben. Die Lebenshaltungskosten weichen stark voneinander ab und ein Euro ist nicht überall gleich viel wert.

Die Behauptung, dass eine Energiekrise nur in von Grünen regierten Ländern existiere, ist falsch. Auch in vielen konservativ regierten Staaten kämpft die Bevölkerung mit stark steigenden Preisen und Engpässen. Die konservative britische Regierungschefin Liz Truss verkündete etwa am 8. September Pläne gegen stark steigende Energiepreise und erklärte, dass ihr Land einer «weltweiten Energiekrise» gegenüberstehe. Der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki von der rechten PiS-Partei stellte am 15. September ebenfalls entsprechende Pläne vor.

Durch den Krieg in der Ukraine und die darauf folgenden Sanktionen gegen Russland haben die Preise für Öl und Benzin stark zugelegt. Da der Wert des amerikanischen Dollars gegenüber dem Euro in letzter Zeit zudem steigt, verstärkt dies die Teuerung beim Ölpreis im Euroraum. Öl wird in US-Währung gehandelt, Käufer müssen also mit Dollar zahlen.

Die meisten im Sharepic angeführten Länder haben Sanktionen gegen Russland verhängt. Frankreich und Polen tragen die EU-Sanktionen mit. AustralienNeuseeland, die USAKanada und Japan erließen eigene Sanktionen. Dass nur Länder mit Regierungsbeteiligung der Grünen Sanktionen verhängt hätten oder sich in einer Energiekrise befänden, ist also falsch.

(Stand: 29.9.2022)

Links

Protokoll der Rede von Liz Truss im britischen Unterhaus (archiviert)

Pressemitteilung von Polens Premierminister Mateusz Morawiecki (archiviert)

Informationen zu Globalpetrolprices.com (archiviert)

Informationen des Deutschen Bundestags zur derzeitigen Bundesregierung (archiviert)

Informationen zur Regierung in Luxemburg beim Auswärtigen Amt (archiviert)

archivierte Seite mit Globalpetrolprices-Daten vom 12.9.2022

archivierte Seite mit Globalpetrolprices-Daten vom 2.5.2022

«tagesschau»-Übersicht zu Ölpreisentwicklung (archiviert)

«tagesschau»-Übersicht zu Dollarkurs (archiviert)

EU-Übersicht zu Sanktionen gegen Russland (archiviert)

Australische Übersicht zu Sanktionen gegen Russland (archiviert)

Neuseeländische Übersicht zu Sanktionen gegen Russland (archiviert)

US-Informationen zu Sanktionen gegen Russland (archiviert)

Kanadische Informationen zu Sanktionen gegen Russland (archiviert)

Japanische Informationen zu Sanktionen gegen Russland (archiviert)

Definition von Kaufkraft bei der Bundeszentrale für politische Bildung (archiviert)

«Focus»-Berechnungen zum kaufkraftbereinigten Benzinpreis in EU-Staaten (archiviert)

Facebook-Post mit Sharepic (archiviert)

Sharepic auf Facebook-Seite von Martin Sichert (archiviert)

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