Foto zeigt Leserbrief
Interview-Aussagen von Scholz wurden verdreht
8.9.2022, 16:08 (CEST)
Sätze aus dem Mund von Politikern werden besonders gerne in die Waagschale gelegt. Doch nicht immer ist klar, ob sie auch tatsächlich so gesagt wurden. So soll der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in einem Interview die Möglichkeit eines Kriegs Deutschlands gegen Russland angesprochen und es mit dem Respekt vor seinem Wahlvolk nicht so genau genommen haben.
Bewertung
Das Zitat ist falsch. In dem Interview mit dem US-Magazin «Time», auf das sich das Sharepic bezieht, sagte Scholz an keiner Stelle, ein Regierungschef dürfe sein Volk nicht ernst nehmen. Auch, dass Deutschland notfalls gegen Russland in den Krieg ziehen würde, ist kein Zitat des deutschen Kanzlers. Beide Aussagen stammen aus einem österreichischen Leserbrief.
Fakten
Der im Sharepic geteilte Zeitungsausschnitt erinnert von Aufmachung und Schriftbild an die Leserbrief-Seiten der «Kronen Zeitung». Sucht man in Google nach der markanten Textpassage «Das Volk dürfe man sowieso nicht allzu ernst nehmen, so Scholz», so findet man genau dort deren Ursprung.
«Bedenkliche Ansichten von Olaf Scholz» ist der Titel des Leserbriefes einer Eva Schreiber, der laut Krone-Website am 6. Mai 2022 erschienen ist. Die Frau fasste in eigenen Worten zusammen, wie Scholz’ Antwort gegenüber dem «Time»-Magazin für sie klang. Im Sharepic ist zwar von «der Times» die Rede - also der britischen Tageszeitung. Die Schreiberin des Leserbriefs nannte jedoch das korrekte Medium.
Tatsächlich sagte der deutsche Kanzler in der Ausgabe vom 27. April 2022 gegenüber dem US-Magazin übersetzt: «Wenn Sie ein guter Regierungschef sind, hören Sie den Menschen zu. Aber Sie denken nie, dass die Menschen von Ihnen verlangen, exakt das zu tun, was sie vorschlagen. Wir sollten eine Nation sein, die gewillt ist, europäische Lösungen zu finden, die für alle gut sind, nicht nur für unser Land.» Es war laut «Time» das erste Interview des deutschen Bundeskanzlers mit einem größeren englischsprachigen Medium seit Beginn des Krieges in der Ukraine.
(Stand: 8.9.2022)
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