Zukunftsforschung

WEF veröffentlichte Debattenbeitrag zu Implantaten, keine Empfehlung

25.08.2022, 14:40 (CEST)

Kaum eine Organisation ist so häufig Mittelpunkt von Verschwörungstheorien wie das Weltwirtschaftsforum WEF. Nun wird wegen eines Textes auf dessen Internetseite behauptet, das WEF empfehle bestimmte Implantate für Kinder. Doch das steht nicht in dem Text - und verfasst wurde er von einer Gastautorin.

Bereits seit Jahren steht das Weltwirtschaftsforum WEF (World Economic Forum) im Mittelpunkt von Verschwörungserzählungen. Gründer Klaus Schwab unterstellen Verschwörungstheoretiker alle möglichen üblen Machenschaften. Nun soll das Forum angeblich sogar Mikrochip-Implantate für Kinder empfohlen haben, wird in einem in sozialen Netzwerken verbreiteten Bild behauptet.

Bewertung

Das WEF hat keine Mikrochip-Implantate für Kinder empfohlen. Eine niederländische Wissenschaftlerin hatte in einem Debattenbeitrag auf der Seite des WEFs über den möglichen Nutzen von Implantaten spekuliert. Sie vertritt aber nicht die Position des WEF. An einer einzigen Stelle hat sie als Beispiel für ethische Fragen über das Für und Wider von Ortungschips-für Kinder geschrieben.

Fakten

Das geteilte Bild ist ein Screenshot des Anfangs eines Blog-Artikels mit der Überschrift «WEF empfiehlt Microchip-Implantate für Kinder». Darin wird ein Text thematisiert, der am 16. August 2022 auf der Internetseite des Weltwirtschaftsforums veröffentlicht wurde. In der dortigen Rubrik «Agenda» sind mehr als 45 000 Texte zu finden, die oft kontroverse Beiträge zu unterschiedlichen Themen enthalten.

Der betroffene Artikel wurde von Kathleen Philips verfasst, der für Forschung und Entwicklung zuständigen Vizepräsidentin eines Forschungszentrums im niederländischen Eindhoven. Es handelt sich um eine Niederlassung des belgischen Forschungszentrums Imec, das sich mit Nanoelektronik und Digitaltechnologie beschäftigt.

Es handelt sich also um einen Diskussionsbeitrag von einer nicht dem WEF zugehörigen Person. Darauf wird auch eigens unter dem fraglichem Artikel hingewiesen: «Die in diesem Artikel geäußerten Ansichten sind die des Autors und nicht die des Weltwirtschaftsforums.»

In der inzwischen aktualisierten Fassung wurde zusätzlich ein Hinweis ergänzt, dass der Artikel «auf Websites, die falsche Informationen verbreiten, absichtlich falsch dargestellt» wird. Unter der Überschrift wurde das Label «Opinion» (Meinung) ergänzt.

Philips thematisiert in dem Beitrag, welche Rolle Hilfsmittel wie VR-Brillen in der Zukunft spielen könnten und befasst sich mit ethischen Problemen beispielsweise durch Implantationen von Mikrochips. Brillen, Prothesen, Implantate zur Wiederherstellung der Hörfähigkeit oder Herzschrittmacher seien ja bereits Teil des täglichen Lebens.

Philips schildert, wie Eingriffe ins Gehirn zahlreiche Krankheiten mildern oder heilen könnten, etwa Alzheimer, ADHS oder Depressionen. «Wenn der Gedanke an einen Chip in Ihrem Körper Sie erschaudern lässt, denken Sie an all die Arzneimittel, die Sie ohne zu fragen einnehmen», schreibt Philips. Sie verweist aber auf ethische Grenzen: «Die Grenzen für Implantate werden eher durch ethische Argumente als durch wissenschaftliche Kapazitäten gesetzt. Sollte man beispielsweise seinem Kind einen Ortungschip implantieren? Es gibt solide, rationale Gründe dafür, wie etwa Sicherheit. Würden Sie es tatsächlich tun? Ist das ein Schritt zu weit?» Sie verweist unter anderem auf ein Papier des Europarates zum Thema.

Der Blogbeitrag, dessen Überschrift gerade durch soziale Netzwerke schwirrt, behauptet also fälschlicherweise, dass das Weltwirtschaftsforum es als «solide, rationale Maßnahme» bezeichnet habe, Kindern einen Ortungschip implantieren zu lassen. Erstens stammt die Aussage nicht vom WEF, zweitens wurde auch der Philips-Text nicht richtig wiedergegeben und aus dem Kontext gerissen.

(Stand: 24.8.2022)

Links

Beitrag auf Facebook (archiviert)

Artikel TKP (archiviert)

Papier auf WEF-Seite (archiviert)

Selbstauskunft Imec (archiviert)

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