Sehr trockenes Jahr
Der Bodensee war 1540 seicht, aber nicht ausgetrocknet
22.8.2022, 17:17 (CEST), letztes Update: 22.8.2022, 17:37 (CEST)
Seit Jahren häufen sich die Wetterextreme - einzelne heiße Sommer und Dürreperioden gab es jedoch auch schon vor langer Zeit. Wissenschaftsskeptische Menschen versuchen, daraus Kleingeld zur Stimmungsmache gegen den Klimawandel zu schlagen. So auch mit einer angeblichen «Meldung Meteo Schweiz» zum angeblich bereits im Jahr 1540 ausgetrockneten Bodensee.
Bewertung
Der Wasserstand im Bodensee fiel im Jahr 1540 zwar stark, ausgetrocknet war er auch damals jedoch nicht. Der menschengemachte Klimawandel ist weitaus dramatischer als derartige, vereinzelt aufgetretene Klimaextreme.
Fakten
MeteoSchweiz wird die Behauptung zum ausgetrockneten Bodensee angedichtet. Es handelt sich dabei um das eidgenössische Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie - vergleichbar mit der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, die dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung untersteht. Doch MeteoSchweiz widerspricht gegenüber der Deutschen Presse-Agentur: Die Meldung stammt nicht aus dem Amt.
Barbara Galliker von MeteoSchweiz erklärte, dass selbst mehrere aufeinanderfolgende sehr trockene Jahre nicht ausreichen würden, um den mehr als 250 Meter tiefen Bodensee vollständig austrocknen zu lassen. Dafür benötige es laut ihrem Kollegen Stephan Bader einer jahrelangen vollständigen Umstellung des Klimasystems, etwa das Abschmelzen aller Gletscher.
Dass der Sommer 1540 tatsächlich sehr trocken war, bestätigt ein Artikel des Schweizerischen Nationalmuseums. Darin ist zu lesen, dass nach monatelanger Hitze und Trockenheit – letztere dauerte von März bis Dezember – etwa der Rhein nur noch zehn bis 15 Prozent seiner normalen Wassermenge führte. «Und am dramatisch verkleinerten Bodensee suchten die Leute auf dem trockenen Seegrund nach römischen Münzen», heißt es.
Wetterextreme wie dieses gab es auch schon vor der genauen Aufzeichnung von Wetter- und Klimadaten. Allerdings handelte es sich dabei um einzelne Ausreißer - im Unterschied zu den derzeit steigenden Temperaturen, die laut Galliker etwa seit Mitte des 20. Jahrhunderts nachweisbar sind.
Der Schweizer Klimahistoriker Christian Pfister warnt in einem Profil-Podcast: «Der menschengemachte Treibhauseffekt erhöht die Wahrscheinlichkeit von Hitzewellen, und Trockenheit im Süden ist oft Vorbote für andauernde Hitze im Norden des Kontinents.»
MeteoSchweiz schreibt auf seiner Website: «Natürliche Faktoren können die – erdgeschichtlich gesehen – außergewöhnlich rasche Erwärmung im 20. Jahrhundert nicht erklären.» Seit Messbeginn 1864 seien die Temperaturen in der Schweiz um mehr als zwei Grad Celsius gestiegen. Vor allem in jüngster Zeit häufen sich Wetterextreme wie Hitze und Trockenheit, aber auch Stürme, starke Regenfälle und verheerende Gewitter, wie erst kürzlich über weiten Teilen Österreichs.
(Stand: 19.8.2022)
Links
Aufgaben MeteoSchweiz (archiviert)
Allgemeine Infos ZAMG (archiviert)
Nationalmuseum über Hitze 1540 (archiviert)
Artikel zum profil-Podcast (archiviert)
Klimafakten MeteoSchweiz (archiviert)
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