Mythos aus dem Pflanzenreich

Auch bei Regen strahlen Sonnenblumen nicht

29.06.2022, 16:23 (CEST)

Sonnenblumen drehen im Wachstum ihre Blüten zur Sonne. In sozialen Medien wird behauptet, sie können Teile dieser Energie bei Bedarf an Artgenossen abgeben. Das ist allerdings nicht möglich.

Sonnenblumen richten ihre Blüten nach der Sonne aus. Das haben viele schon als Kinder gelernt. In sozialen Medien wird neuerdings auch von einer weiteren angeblichen Eigenschaft dieser Pflanzen berichtet: Sonnenblumen tauschen untereinander Energie aus, wenn es regnerisch ist oder sie «die Sonne nicht finden». Stimmt das tatsächlich?

Bewertung

Sonnenblumen drehen ihre «Köpfe» während ihrer Wachstumsphase tatsächlich im Lauf des Tages von Ost nach West und folgen so dem Sonnenlauf. Sie tun das unabhängig vom Wetter, also auch an Tagen ohne direkte Sonneneinstrahlung. Was sie hingegen nicht machen: Energie untereinander austauschen.

Fakten

Solange Sonnenblumen wachsen, profitieren sie davon, sich nach der Sonne auszurichten. Gesteuert wird diese Bewegung von einer Art inneren Uhr. Dieser zirkadiane Rhythmus – eine Wiederholung von Abläufen innerhalb eines Zeitraums von ungefähr 24 Stunden – regelt beim Menschen etwa die Schlaf- und Wachphasen. Bei den Sonnenblumen lässt diese innere Uhr die Blüten nach Sonnenuntergang auch wieder zurück Richtung Osten wandern, um bei Sonnenaufgang wieder möglichst viel Licht zu bekommen.

In der Natur behalten die Blüten der Sonnenblumen diesen Dreh-Rhythmus auch bei Schlechtwetter bei. Werden sie allerdings künstlich beleuchtet, richten sie sich nach dieser Lichtquelle, wie eine Studie aus 2016 belegt. Ist das Kunstlicht fixiert, drehen sich die Blüten noch einige Tage in ihrem gewohnten Rhythmus, ehe sie gerade nach oben wachsen.

Sonnenblumen, die sich nach der Sonne ausrichten können, wachsen kräftiger und entwickeln dadurch auch mehr Biomasse. Die Energie dafür nehmen die Blumen in Form von Photonen auf, erklärt Studienautorin Stacey Harmer von der University of California in Davis gegenüber der dpa. Sie stellt in dem Zusammenhang aber klar, dass die Pflanzen «keine Photonen emittieren und somit auch keine Energie untereinander austauschen» können.

Die Photosynthese geschieht im Wesentlichen über die grünen Blätter, erläutert Peter Westhoff, Pflanzenwissenschaftler an der Universität Düsseldorf, der dpa. Die gelben Blüten seien dazu nicht in der Lage – sie können also weder Energie aufnehmen, noch geben sie diese untereinander weiter.

Ausgewachsene Sonnenblumen bleiben üblicherweise Richtung Osten gedreht. Das geschieht einerseits, weil die Pflanze auf das Morgenlicht besonders stark reagiert, berichtet Harmer in ihrer Studie. Andererseits nennt die Biologin auch einen praktischen Nutzen: Nach Osten schauende Blüten werden von der Sonne schneller aufgewärmt und deshalb etwa fünfmal eher von Bienen und anderen Insekten bestäubt als westwärts gedrehte Blüten. «Bienen mögen warme Blüten», resümiert Harmer.

(Stand: 27.6.2022)

Links

Facebook-Posting (archiviert)

Facebook-Posting (archiviert)

Erklärung Zirkadianer Rhythmus (archiviert)

Die Studie der University of California (archiviert)

University of Virginia zur Studie (archiviert)

Erklärung Photon (archiviert)

Über dpa-Faktenchecks

Dieser Faktencheck wurde im Rahmen des Facebook/Meta-Programms für unabhängige Faktenprüfung erstellt. Ausführliche Informationen zu diesem Programm finden Sie hier.

Erläuterungen von Facebook/Meta zum Umgang mit Konten, die Falschinformationen verbreiten, finden Sie hier.

Wenn Sie inhaltliche Einwände oder Anmerkungen haben, schicken Sie diese bitte mit einem Link zu dem betroffenen Facebook-Post an factcheck-oesterreich@dpa.com. Nutzen Sie hierfür bitte die entsprechenden Vorlagen. Hinweise zu Einsprüchen finden Sie hier.

Schon gewusst?

Wenn Sie Zweifel an einer Nachricht, einer Behauptung, einem Bild oder einem Video haben, können Sie den dpa-Faktencheck auch per WhatsApp kontaktieren. Weitere Informationen dazu finden Sie hier.