Wetterkarten verschiedener TV-Sender sehen auch verschieden aus - kein Beleg für Panikmache

13.06.2022, 18:06 (CEST)

Die weltweiten Durchschnittstemperaturen stiegen in jüngster Zeit kontinuierlich an. Zahlreiche Studien zeigen den Einfluss des Menschen. Dennoch wird immer wieder unterstellt, es werde nur Angst gemacht. Als angeblicher Nachweis dienen falsche Vergleiche von Wetterkarten.

Wer die menschengemachte Erderwärmung trotz der zahlreichen wissenschaftlichen Belege in Frage stellen will, greift in den sozialen Netzwerken teils zu absurden Mitteln (archiviert). So sollen Wetterkarten im Fernsehen heutzutage angeblich in deutlich bedrohlicheren roten Farbtönen eingefärbt werden als noch vor ein paar Jahrzehnten. Damit werde, so die Mutmaßung, die Dramatik unterstrichen, denn die Farbe Rot suggeriere Hitze.

Bewertung

Die beiden gezeigten Wetterkarten stammen weder aus den behaupteten Jahren noch vom selben Sender. Damit belegt ihr Vergleich auch keine Dramatisierung der Wetterberichte. Die rot eingefärbte Karte sollte auf besonders heiße Tage in dem Jahr hinweisen. Wetterkarten im Fernsehen sind so vielfältig wie das Angebot an TV-Sendern selbst.

Fakten

Die angeblich aus dem Jahr 1986 stammende Wetterkarte ist erst knapp sechs Jahre alt. Sie lässt sich mit Bilder-Rückwärtssuche auf den 21. Juli 2016 datieren. Damals wurde diese Karte – von der im Posting nur ein Ausschnitt zu sehen ist – auf der Webseite des öffentlich-rechtlichen schwedischen Senders „Sveriges Television“ veröffentlicht und ist dort immer noch abrufbar. Die aktuelle Wetterprognose zeigt, dass sich die Wetterkarten des Senders in ihrem optischen Erscheinungsbild seither kaum verändert haben. Bestenfalls wirken sie noch kühler als vor sechs Jahren, was der Behauptung im Posting widersprechen würde.

Die orangerot eingefärbte Wetterkarte stammt dagegen aus einem Wetterbericht des reichweitenstärksten privaten Konkurrenzsenders TV4 und ist damit nicht das diesjährige Pendant zur grüneren Wetterkarte aus 2016. Das lässt sich folgendermaßen nachvollziehen: Bei einer Bilderrückwärtssuche stößt man auf einen Tweet aus dem August 2021. Dort ist der Screenshot nicht zugeschnitten, was Rückschlüsse auf seine Herkunft erlaubt: Das Senderlogo rechts oben im Bild verrät die Sendeanstalt, die Kleidung der Moderatorin sogar den genauen Tag der Sendung, nämlich den 13. August 2021. Dieser Wetterbericht ist weiterhin online abrufbar.

Aus dem Video wird ersichtlich: Die Wetterkarte des Senders ist auch von einem weitgehend in grün gehaltenen Satellitenbild geprägt. Bei der in alarmierenden Tönen eingefärbten Karte handelt es sich um die Maximaltemperaturen. Diese Karte wird im Rahmen der rund zweiminütigen Wetterpräsentation auch nur für einige Sekunden (etwa von 1:05 bis 1:20) eingeblendet.

Ein Online-Übersetzungstool klärt darüber auf, was Moderatorin Madeleine Westin begleitend erklärte: Die Temperaturen an diesem Wochenende lagen speziell für Südschweden ungewöhnlich hoch. Wohl auch deshalb wurde speziell darauf hingewiesen. Denn die Karte mit den Maximaltemperaturen kommt nicht immer zum Einsatz, wie eine Durchsicht der Videos auf der Wetter-Seite des Senders offenbart. Weitere Beispiele finden sich etwa vom 15. Juli 2021 und vom 6. August 2020.

Die Gegenüberstellung der beiden Wetterkarten ist nicht neu. Schon im Vorjahr machte sie in sozialen Medien die Runde. Seit ihrer oben erwähnten erstmaligen Veröffentlichung am 14. August 2021 wurde lediglich die Jahreszahl bei der neueren Wetterkarte von 2021 auf 2022 geändert, um den Anschein von Aktualität zu erwecken. Dabei scheint es irrelevant zu sein, aus welchem Jahr die „grünere“ Wetterkarte stammt – Hauptsache sie dient dem angestrebten Zweck.

(Stand: 13.6.2022)

Links

Facebook-Posting (archiviert)

SVT-Wetterbericht vom 21. Juli 2016 (archiviert)

SVT-Wetterbericht vom 13. Juni 2022 (archiviert)

Tweet vom 14. August 2021 (archiviert)

TV4-Wetterbericht vom 13. August 2021 (archiviert)

Madeleine Westins Porträtseite bei TV4 (archiviert)

TV4-Wetterseite (archiviert)

TV4-Wetterbericht vom 15. Juli 2021 (archiviert)

TV4-Wetterbericht vom 6. August 2020 (archiviert)

Tweet vom 6. September 2021 (archiviert)

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