Angaben übertrieben

Batterie-Produktion für E-Autos: Falsche Zahlen zu Energieverbrauch

14.06.2022, 12:07 (CEST), letztes Update: 14.06.2022, 12:13 (CEST)

Bei der Herstellung von Elektroautos wird mehr Energie verbraucht als bei der von Verbrennern. Im Netz kursieren allerdings aberwitzige Zahlen dazu.

Elektroautos sind leise und emissionsarm. Doch sie haben nicht nur Befürworter. Ein beliebtes Argument gegen E-Autos ist der Umweltaspekt bei der Herstellung: Dabei wird mehr Energie verbraucht als bei der von Verbrennern. Ein Posting will angeblich Zahlen dafür liefern: So soll für die Produktion einer einzelnen Tesla-Batterie eine halbe Million Pfund an Erdreich bewegt werden müssen. Die dafür benötigten Fahrzeuge verbrauchten angeblich Unmengen an Sprit. Doch die Angaben sind übertrieben.

Bewertung

Die im Posting genannten Zahlen sind viel zu hoch angesetzt. Weiters verbaut Tesla in seinen Fahrzeugen Batterien mit unterschiedlicher Zusammensetzung. Zudem ist das abgebildete Fahrzeug nicht das erwähnte Modell.

Fakten

Der Text im Sharepic ist augenscheinlich aus dem Englischen übersetzt. Weder wird der Kraftstoffverbrauch in deutschsprachigen Ländern in Gallonen angegeben, noch sind hierzulande Gewichtsangaben in Pfund üblich. Es existieren allerdings auch Versionen des Sharepics mit metrischen Maßeinheiten.

Die angeblichen 1800 Gallonen Kraftstoff pro 12-Stunden-Schicht entsprechen 8183 Litern. Dieser Wert ist allerdings viel zu hoch gegriffen. Auf dpa-Anfrage verortete ein Caterpillar-Sprecher den Verbrauch auf unter 2300 Liter in zwölf Stunden – das sind nur etwa 28 Prozent behaupteten Verbrauchs.

500 000 Pfund Aushub an Erdreich ist dem Posting zufolge für die Herstellung einer Tesla-Batterie nötig. Das ist eine sehr unkonkrete Angabe. Tesla verwendet in seinen Autos vier unterschiedliche Batterie-Typen, die sich in ihrer Zusammensetzung unterscheiden.

Die Website «insideevs.de» schreibt dazu: «Alle Batterien von Tesla sind Lithium-Ionen-Akkus, aber für die Kathode werden verschiedene Chemien eingesetzt», nämlich Nickel-Kobalt-Aluminium, Nickel-Kobalt-Mangan und Lithium-Eisenphosphat. Die im Posting genannte einheitliche Tesla-Batterie gibt es also nicht.

Zudem ist der Wert von einer halben Million Pfund nicht belegbar. Seit die Zahl im Sommer 2019 in einem Kommentar des «Wall Street Journal» genannt wurde, wird sie immer wieder von Lobbyisten und Elektrombilitäts-Kritikern verwendet.

Experten konnten der dpa, aber auch AFP keine konkreten Zahlen zum benötigten Erdaushub nennen. Allerdings liege dieser deutlich unter dem im Posting behaupteten - zumal mit den abgebauten metallischen Rohstoffen nicht nur Batterien für Elektroautos, sondern auch zahlreiche andere Produkte hergestellt würden. Zudem werde etwa das in Tesla-Batterien verwendete Kobalt im Rahmen des Abbaus anderer Metalle produziert.

Noch ein Aspekt des Posting-Texts ist irreführend: Die Leser könnten den darin vermuteten Spritverbrauch für eine 12-Stunden-Schicht mit der angeblichen Aushubmenge für eine Batterie in Verbindung bringen. Tatsächlich bräuchte ein Radlader dieses Typs aber viel weniger Zeit dafür. Der Pressesprecher des deutschen Vertriebs- und Serviceunternehmens der Marke Caterpillar, Klaus Finzel, sagte AFP, dass der Radlader bei maximalem Kraftstoffverbrauch etwa 4800 Tonnen pro Stunde umsetzen könne.

Streng genommen liegt die Leistung für den im Posting abgebildeten Radlader allerdings etwas darunter. Finzel nannte den Wert für das aktuelle Modell, den CAT 994K. Im Bild zu sehen ist jedoch dessen Vorgänger, der CAT 994H. Dieser bewegt etwa 20 Prozent weniger Erdreich als das K-Modell. Im Posting ist sogar selbst die Bezeichnung des Baufahrzeugs falsch: Das Fahrzeug im Bild ist nicht der CAT 994A (das erste Modell dieses Typs aus den 1990er-Jahren).

Dass Elektroautos in ihrer Herstellung deutlich energieintensiver sind als Vergleichsmodelle mit Diesel- oder Benzinmotor, bestreiten Experten nicht. Laut einer so genannten Life Cycle Analyse von Fahrzeugen mit unterschiedlichen Antriebsarten starten Elektroautos mit einer wesentlich höheren CO2-Belastung bei der Produktion in ihr «Leben».

«Mit dem österreichischen Strom-Mix (aus vorwiegend erneuerbaren Energien, Anmerkung der Redaktion) lässt das E-Auto bei zunehmender Betriebsdauer die anderen Antriebsvarianten jedoch hinter sich», erklärt ÖAMTC-Cheftechniker Thomas Hametner. Bei einer angenommenen Strecke von 13 000 Kilometern pro Jahr und einer Lebensdauer von 15 Jahren pro Fahrzeug wäre das E-Auto bereits nach drei bis vier Jahren deutlich umweltfreundlicher unterwegs als Benziner oder Dieselfahrzeuge.

(Stand: 14.6.2022)

Links

dpa-Faktencheck (Deutschland)

Informationen zu Teslas Batteriezellen (archiviert)

Kommentar im «Wall Street Journal» (archiviert)

Instagram-Eintrag von Mandy Gunasekara (archiviert)

Tweet von Brian Roemmele (archiviert)

AFP-Faktencheck zum Thema (archiviert)

Zeppelin-Pressekontakt Klaus Finzel (archiviert)

Informationen zum CAT 994K (archiviert)

Informationen zum CAT 994H (archiviert)

Höherauflösendes Bild eines CAT 994H aus dem Posting (archiviert)

Vergleich von CAT 994K und CAT 994H (archiviert)

Forum mit Bildern des CAT 994A (archiviert)

Life Cycle Analyse des ÖAMTC (archiviert)

PDF-Download: Life Cycle Analyse (archiviert)

Facebook-Posting (archiviert)

Posting mit metrischen Angaben (archiviert)

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