Reuters gehört zu Thomson Reuters – AP ist eine unabhängige Nachrichtenagentur

Familienmitglieder der jüdischen Familie Rothschild werden regelmäßig Gegenstand von antisemitischen Falschinformationen. Ein Beispiel für eine solche: Ein Familienmitglied besitze angeblich die Nachrichtenagentur Reuters und diese wiederum die Nachrichtenagentur Associated Press (hier archiviert). Zudem heißt es, es gebe heutzutage generell nur mehr sechs Medienunternehmen.

Bewertung

Das ist falsch. Reuters gehört zu Thomson Reuters. Die Associated Press (AP) ist eine unabhängige Nachrichtenagentur, die US-amerikanischen Zeitungen und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gehört. Alleine in Österreich gibt es mehr als sechs Medienunternehmen.

Fakten

In einigen der Postings ist ein Foto von Jacob Rothschild zu sehen. Er ist ein britischer Investmentbanker. Die Rothschilds sind eine jüdische Bankiersfamilie, die im europäischen Bankengeschäft großen Einfluss hatte und vor allem im 19. Jahrhundert wirtschaftlich sehr erfolgreich waren. Mit den Nachrichtenagenturen Reuters und Associated Press (AP) haben sie jedoch nichts zu tun.

Reuters gehört seit 2008 zu Thomson Reuters. Wie sich dem jährlichen Bericht von 2021 entnehmen lässt, hält die Woodbridge Company Limited etwa 67 Prozent der Stammaktien des Unternehmens. Das Unternehmen ist die Beteiligungsgesellschaft der Familie Thomson. David Thomson ist Vorstand beider Firmen. Die Liste der zehn größten Aktionäre von Thomson Reuters ist auf der Finanznachrichten-Webseite «MarketScreener» einsehbar - keiner der Rothschilds ist darunter.

Im jährlichen Bericht von Thomson Reuters steht zudem, dass Associated Press einer der Hauptkonkurrenten von Reuters sei. Besäße Reuters die AP, stünden die beiden Nachrichtenagenturen nicht in einem Konkurrenzverhältnis. Die AP ist also weder im Besitz von Reuters, noch der Rothschilds.

Auf der Webseite des International Fact-Checking Networks lässt sich nachlesen, dass es sich bei der AP um eine unabhängige, gemeinnützige Nachrichtenorganisation handelt, die US-amerikanischen Zeitungen und öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gehört.

Eine Pressesprecherin von Reuters bestätigte der Deutschen Presse-Agentur (dpa) auf Anfrage, dass Reuters eine unabhängige Nachrichtenorganisation sei, die als Teil von Thomson Reuters agiere, welche sich zum Großteil im Besitz der Woodbridge Company befinde. «Reuters und Thomson Reuters stehen in keinerlei Verbindung mit der Familie Rothschild», schrieb die Sprecherin. Die AP gab gegenüber den Faktencheckern von «Check Your Fact» und «Full Fact» an, dass Reuters nichts mit ihnen zu tun habe.

Unklar ist, worauf sich die Behauptung bezieht, dass es insgesamt nur mehr sechs Medienunternehmen gebe. Möglicherweise geht sie auf teilweise alte Medienberichte (hier, hier) zurück, wonach sechs Unternehmen 90 Prozent der US-amerikanischen Medien kontrollierten.

Alleine in Europa gibt es mehrere Tausend Zeitungen sowie Radio-und TV-Sender und Zehntausende Zeitschriften und Magazine. Rund die Hälfte bis zwei Drittel der täglichen Informationen der Redaktionen in Europa stammt von Nachrichtenagenturen. Von diesen gibt es weltweit über 100. Das lässt sich in einer Publikation der APA nachlesen, die anlässlich des 80-jährigen Jubiläums (1939 - 2019) der Vereinigung der unabhängigen Nachrichtenagenturen (Group 39) veröffentlicht worden ist.

Die österreichische Medienlandschaft ist tatsächlich sehr konzentriert, wie unter anderem aus einer Aufschlüsselung der Eigentümer-Struktur von Printmedien aus dem Jahr 2018 hervorgeht. Doch es ist ersichtlich, dass die Medienunternehmen mehr als nur sechs Eigentümern gehören.

Mehrere dpa-Faktenchecks (hier, hier, hier) sowie ein Bericht der EU-Kommission über Antisemitismus zeigen, dass rund um die jüdische Familie Rothschild regelmäßig Falschbehauptungen und Verschwörungserzählungen kursieren.

(Stand: 15.5.2022)