Angaben zu Wählerstimmen bei französischer Präsidentschaftswahl in TV waren fehlerhaft

06.05.2022, 11:26 (CEST)

Am 24. April 2022 wurde Emmanuel Macron zum französischen Präsidenten wiedergewählt. Der Liberale setzte sich gegen die rechte Nationalistin Marine Le Pen durch. Nach der Wahl witterten Social Media-User Wahlunregelmäßigkeiten. So hieß es etwa in einem Facebook-Posting aus Österreich (hier archiviert): «Über 2 Mio Stimmen für Marine LePen (sic!) innerhalb von 60 Minuten verschwunden ???» Um 21.15 Uhr habe die Präsidentschaftskandidatin noch 13 899 494 Stimmen gehabt, um 22.45 Uhr nur mehr 11 661 111 Stimmen, sollen Screenshots belegen.

Bewertung

Bei der französischen Präsidentschaftswahl sind keine zwei Millionen Wählerstimmen für Marine Le Pen verschwunden. Die Angabe der Wählerstimmen in der Fernsehsendung war falsch. Der Sender France 2 entschuldigte sich später für den nach eigenen Angaben technischen Fehler bei der Übertragung von Daten des Innenministeriums. Einen Beleg für Wahlbetrug stellt die Panne nicht dar.

Fakten

Die Angaben im Facebook-Posting sind nicht ganz eindeutig und widersprechen sich teilweise. Der im Posting angegebene Zeitraum ist beispielsweise größer als 60 Minuten. Bei 22.45 Uhr werden zudem zwei verschiedene Stimmanzahlen angegeben.

Die Screenshots stammen von einer Wahlsendung des öffentlich-rechtlichen Senders France 2. In diesem Video sieht man ungefähr ab Minute 2.50 die angeblichen Wählerstimmen der oberen beiden Facebook-Screenshots. Unter dem Video informiert der Sender, dass ein «Computerfehler» zu falschen Zahlen geführt habe.

Auch auf Twitter schreibt der Sender: «Ein Computerfehler führte dazu, dass wir während des Wahlabends von France 2, Sonntag, den 24. April, falsche Zahlen anzeigten. Wir entschuldigen uns bei unseren Zuschauern», heißt es in dem Tweet.

Nach Angaben des Senders habe der Bildschirm im TV-Studio um 21.10 Uhr 14,2 Millionen Stimmen für Emmanuel Macron und 14,4 Millionen Stimmen für Marine Le Pen angezeigt. «Die Software, die es dem Sender ermöglicht, Daten des Innenministeriums anzuzeigen, hat die Stimmen bestimmter Kommunen für die beiden Kandidaten doppelt gezählt», wird als Erklärung dafür genannt.

Das Innenministerium habe Marine Le Pen zu keinem Zeitpunkt 14 Millionen Stimmen zugeschrieben, schreibt France 2 in einem weiteren Tweet. Der Sender sprach auch mit «Le Monde» über die Panne.

Dass auf der offiziellen Seite des Innenministeriums tatsächlich nicht die falschen Zahlen genannt wurden, lässt sich im Internetarchiv nachvollziehen: In einer um 21.42 Uhr gespeicherten Version kommt Macron auf 9,7 Millionen Stimmen und Le Pen auf 8,7 Millionen Stimmen. Hier sind 58 Prozent der Wählerstimmen bereits ausgezählt. Dass bereits gegen 21.00 Uhr beide Kandidaten um die 14 Millionen Stimmen gehabt haben sollen, kann also nicht stimmen.

Die Nachrichtenagentur AFP schreibt, dass auch in den Daten, die sie vom Innenministerium erhielt, der Fehler nicht auftauchte. Dort wurden Le Pen gegen 21.15 Uhr 5,44 Millionen Stimmen zugeschrieben und Macron 5,41 Millionen.

In einer um 22.32 Uhr gespeicherten Version der offiziellen Seite des Innenministeriums waren es dann 13,7 Millionen Stimmen für Macron und 11,3 Millionen für Le Pen - bei einem Auszählungsstand von 79 Prozent der Wählerstimmen. Am Ende des Wahlabends kam Macron auf rund 18,8 Millionen Wählerstimmen, ein Anteil von 58,5 Prozent. Le Pen erhielt rund 13,3 Millionen Stimmen, ein Anteil von 41,5 Prozent.

(Stand: 05.05.2022)

Links

Video von Wahlsendung (archiviert)

Tweet des Senders France 2 mit Entschuldigung (archiviert)

Artikel von «Le Monde» (archiviert)

Auszählungsstand beim französischen Innenministerium um 21:42 Uhr

Faktencheck von AFP (archiviert)

Auszählungsstand beim französischen Innenministerium um 22:32 Uhr

Vorläufiges Endergebnis auf der Seite des französischen Innenministeriums (archiviert)

Facebook-Posting (archiviert)

Kontakt zum Faktencheck-Team der dpa: factcheck-oesterreich@dpa.com