Berechnung des Spritpreises irreführend

22.04.2022, 12:42 (CEST)

Die zuletzt sehr hohen Spritpreise bereiten vielen Autofahrern Sorge. Einige sehen bei der Regierung Handlungsbedarf und monierten, diese unternehme zu wenig gegen die «Wucherpreise». In sozialen Medien verbreitete Rechnungen, was ein Liter Benzin ohne Steuern etwa kosten würde, sind allerdings irreführend. So hieß es etwa zuletzt in einem Facebook-Posting (hier archiviert), der Liter Benzin würde ohne Steuern statt zwei Euro nur 60 Cent kosten. «Der Staat ist das Problem», wird geschlussfolgert.

Bewertung

In Österreich lag der Steueranteil für Benzin im Jahresdurchschnitt 2021 bei 54 Prozent. Die Besteuerung hat sich seither nicht verändert.

Fakten

Die Spritpreise setzen sich zum einen aus dem Produktpreis und einem Gewinnaufschlag, zum anderen aus der Mineralölsteuer (MöSt) und der Mehrwertsteuer (MwSt) zusammen, wie der ÖAMTC informiert. Für einen Liter Diesel liegt die MöSt in Österreich demnach bei 39,7 Cent und für einen Liter Benzin bei 48,2 Cent. Es handelt sich dabei um einen Fixbetrag, der immer in der gleichen Höhe anfällt - egal wie hoch der Spritpreis gerade ist.

Der Mehrwertsteuersatz beträgt grundsätzlich 20 Prozent. Steigt der Nettopreis – also Produktpreis und Gewinnaufschlag – erhöhen sich auch die Steuerabgaben, da diese immer einen Prozentanteil des Preises in die Staatskasse spülen.

Im Facebook-Posting wird nun behauptet, dass der Liter Benzin ohne Steuerabgabe statt zwei Euro nur 60 Cent kosten würde. Das wären nur 30 Prozent vom Gesamtpreis, was bedeuten würde, dass 70 Prozent des Spritpreises Steuerabgaben wären. So hoch ist die Abgabe aber in Österreich nicht.

Im Jahresdurchschnitt 2021 lag der Steueranteil nach Angaben des ÖAMTC für Benzin bei 54 Prozent, für den Liter Diesel waren es rund 49 Prozent. Die Spritbesteuerung hat sich in Österreich zuletzt auch nicht verändert, wie der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) in einer Presseaussendung am 18. März 2022 mitteilte:

«In keinem anderen EU-Land ist der Preis für Eurosuper seit Ende Februar so stark gestiegen wie in Österreich, wie eine aktuelle VCÖ-Analyse auf Basis von Daten der EU-Kommission zeigt. Der Grund liegt nicht an den Steuern, da die meisten EU-Staaten keine Änderung bei der Spritbesteuerung vorgenommen haben. Zudem sind die Steuern auf Treibstoffe in Österreich niedriger als im EU-Schnitt.»

Aus diesem Grund forderte der VCÖ wie zuvor Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) eine Prüfung durch die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB). So soll untersucht werden, ob «neben anderen aktuellen Entwicklungen auch fehlender oder beschränkter Wettbewerb Ursache der derzeitigen Preise sind», hieß es am 21. März 2022 in einer Aussendung.

Dass die hohen Spritpreise für Autofahrer eine Belastung sind, ist auch den heimischen Politikern und Politikerinnen bewusst. Einzelne forderten daher etwa eine Senkung oder Streichung der Mehrwertsteuer auf Kraftstoffe. Das ist aufgrund der EU-Gesetzgebung allerdings nicht möglich, wie Europarechtsexperte Walter Obwexer der APA bestätigte.

Mit Blick auf eine Senkung der Mineralölsteuer zeigte sich Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) zuletzt in einem Interview mit dem «Standard» aber nicht abgeneigt: «Eine Mehrwertsteuersenkung auf Sprit geht nach EU-Recht nicht. Eine Mineralölsteuersenkung wäre eine andere Maßnahme, bei Diesel wären acht Cent möglich, bei Benzin 15 Cent», so Brunner.

Zu dem Thema gibt es bereits einen Faktencheck von dpa.

(Stand: 21.04.2022)

Links

ÖAMTC über Zusammensetzung der Spritpreise (archiviert)

Mehrwertsteuersatz (archiviert)

Presseaussendung des Verkehrsclub Österreich (VCÖ) (archiviert)

Presseaussendung der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) (archiviert)

APA-Artikel über Forderungen der Mehrwertsteuer-Senkung (archiviert)

APA-Artikel zu Mehrwertsteuer-Senkung und EU-Recht (archiviert)

«Standard»-Interview mit Brunner (archiviert)

Früherer dpa-Faktencheck zu dem Thema

Facebook-Posting (archiviert)

Kontakt zum Faktencheck-Team der dpa: factcheck-oesterreich@dpa.com