Lockdown in Schanghai: Hafen betroffen, aber nicht geschlossen - Screenshot zeigt alle Schiffsarten

23.04.2022, 11:49 (CEST), letztes Update: 23.04.2022, 12:27 (CEST)

Dass China eine sehr strikte Corona-Politik verfolgt, ist bekannt. Manch einer behauptet nun, dass deshalb aktuell angeblich die Häfen des Landes geschlossen seien - was einen Zusammenbruch der Lieferketten in Europa bewirke (hier archiviert). Ein Screenshot mit Unmengen von wartenden Schiffen vor dem Hafen von Schanghai soll dies belegen. In einem weiteren Posting wird suggeriert, dass alle Punkte auf der Karte Schiffe seien, die nicht entladen werden können (hier archiviert).

Bewertung

Für Schanghai wurde Ende März ein Lockdown angeordnet, der Hafen der Stadt ist jedoch nicht geschlossen. Die dort arbeitenden Menschen leben derzeit in einer Corona-Blase, um den Betrieb aufrecht zu erhalten. Die Abfertigung läuft mit deutlich eingeschränkter Kapazität. Zum häufig geteilten Screenshot: Nicht alle auf der Karte abgebildeten Punkte sind Frachtschiffe, die auf Entladung warten.

Fakten

Der Hafen in Schanghai ist der mit Abstand größte Frachthafen der Welt. Dort wurden 2020 mehr als 43 Millionen Container umgeschlagen. 2021 waren es laut der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua sogar 47 Millionen.

Dass die Schiffe immer länger in den Häfen verweilen, ist auch durch ihre Größe erklärbar. Mittlerweile sind auf den Weltmeeren einige Frachter mit etwa knapp 24 000 Containerplätzen unterwegs – das ist fast ein Fünftel der täglichen Umschlagsmenge und erklärt so manchen Rückstau.

Die aktuellen Wartezeiten im Hafen von Schanghai sind indes auf die strenge Corona-Politik Chinas zurückzuführen – ein Experte sprach im «Spiegel» von «zwischen drei Tagen und einer Woche, manchmal sogar mehr». Der Transport der Container per Lastwagen stocke derzeit, heißt es in dem Bericht vom 19. April 2022 weiter. Deshalb laufe die Abfertigung im Hafen nur auf einem Viertel der normalen Kapazität.

Die Deutsche Verkehrs-Zeitung berichtete bereits Ende März von 300 Schiffen, die sich vor Schanghai stauten - doppelt so viele wie ein Jahr zuvor. Allerdings machten Containerschiffe nur einen geringen Teil davon aus. Vor allem Tanker ankerten vor Schanghai.

Die im Posting abgebildete Karte wurde bereits Anfang April auf Twitter geteilt. Sie dürfte davor schon im chinesischen Netzwerk Weibo gepostet worden sein.

Am 4. April berichtete etwa MSN darüber, dass es seit Lockdown-Beginn am 28. März zu Verzögerungen bei der Abfertigung der Schiffe gekommen sei. Einem Spediteur zufolge ging der Frachtfluss damals um mehr als die Hälfte zurück.

Der Hafenbetreiber SIPG (Shanghai International Port Group) nahm gegenüber dem Sanli-Nachrichtennetzwerk aus Taiwan, auf dessen Recherchen der MSN-Artikel basiert, auch zu dem vielfach geteilten Screenshot Stellung. Demnach sind darauf alle Arten von Schiffen abgebildet - also auch private Boote, Ausflugsschiffe, Fähren und Fischerboote.

Die Website «marinetraffic.com» erlaubt jedem Internetnutzer die Abfrage der Positionen aller Schiffe weltweit. Vor dem Hafen von Schanghai ankern demnach bei Weitem nicht so viele Schiffe, die auf Be- und Entladung warten, wie im Posting behauptet.

(Stand: 19.4.2022)

Links

«Spiegel» zur aktuellen Situation (archiviert)

«Handelsblatt»-Ranking der weltgrößten Containerhäfen (archiviert)

Xinhua-Meldung zum Containerumschlag in Schanghai 2021 (archiviert)

Statista zum Hafen Schanghai (archiviert)

«Merkur»-Artikel zu Gründen für Wartezeiten (archiviert)

Porträt der Ever Ace (archiviert)

archivierter DVZ-Artikel zum Rückstau

«Welt»-Artikel zum Betrieb trotz Lockdowns (archiviert)

Tweet vom 2.4.2022 (archiviert)

MSN-Artikel zum Lockdown in Schanghai (archiviert)

Sanli-Bericht mit SIPG-Stellungnahme (archiviert)

Live-Karte aus dem Hafen von Schanghai (archiviert, 19.4.2022)

Informationen zum Hafen von Schanghai (archiviert)

Facebook-Posting (archiviert)

weiteres Facebook-Posting (archiviert)

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