Der Todesfall ereignete sich nicht unter den Geimpften, Brief der Ärztekammer ist nicht als Warnung zu verstehen

20.01.2022, 09:10 (CET)

Ein Schreiben der deutschen Ärztekammer Nordrhein wird in Facebook-Postings (hier archiviert) verbreitet. Es wirkt, als warne die Kammer allgemein vor einer Boosterimpfung. In dem Schreiben wird  von einem Todesfall und zwei Reanimationen nach Auffrischungsimpfungen in einem Oberhausener Seniorenheim berichtet. Es existieren auch ähnliche Berichte der Ereignisse (hier archiviert), bei denen etwa in der Betreffzeile auf «unklare Todesfälle» verwiesen wird.

Bewertung

Es gab einen Todesfall, die verstorbene Person gehörte aber nicht zu den zu dem Zeitpunkt Geimpften, wie die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein später klarstellte. Die Ärztekammer Nordrhein erläuterte in einer Pressemitteilung, es sei im Schreiben gemeint gewesen, dass Ärztinnen und Ärzte in jedem einzelnen Fall über die Notwendigkeit einer Boosterimpfung entscheiden müssen. Das Schreiben sei nicht als «grundsätzliche Warnung» zu verstehen.

Fakten

In Deutschland wurde Anfang September 2021 unter anderem in Pflegeheimen mit Auffrischungsimpfungen gegen Covid-19 begonnen. Aus dieser Zeit stammt auch das Schreiben aus dem Facebook-Posting. Am 7. September 2021 wies die Ärztekammer Nordrhein auf «schwere Komplikatione» nach Boosterimpfungen in einem Pflegeheim im nordrhein-westfälischen Oberhausen hin.

Doch schon zwei Tage später veröffentlichte die Ärztekammer eine Pressemitteilung mit einer Korrektur. Tatsächlich sei es zu keinem Todesfall nach der Auffrischungsimpfung in dem Heim gekommen, heißt es darin.

Mehr Informationen zu diesen scheinbar widersprüchlichen Angaben finden sich in einer Aussendung der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein. Demnach habe es im zeitlichen Bereich der Boosterimpfungen einen Todesfall gegeben, die Person sei aber bereits zuvor palliativ versorgt worden und «gehörte nicht zum Personenkreis der Geimpften». Zwei andere Personen seien reanimiert worden, aber «ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Reanimationen und den verabreichten Auffrischungsimpfungen ist nach unseren Informationen bislang nicht belegt».

Die Ärztekammer Nordrhein wies darüber hinaus darauf hin, dass der Brief «nicht als grundsätzliche Warnung vor einer Auffrischimpfung zu verstehen» sei. Impfberechtigte Ärztinnen und Ärzte sollten daran erinnert werden, dass «Auffrischimpfungen zum jetzigen Zeitpunkt Einzelfallentscheidungen sind, die einer individuellen Begründung bedürfen».

Zum damaligen Zeitpunkt hatte sich die Ständige Impfkommission (STIKO) in Deutschland noch nicht zur Notwendigkeit von Auffrischungsimpfungen positioniert. Eine Empfehlung für Menschen im Alter von über 70 Jahren und bestimmte Indikationsgruppen erfolgte erst Anfang Oktober.

Die deutsche Gesundheitsministerkonferenz (GMK) hatte aber am 6. September 2021 «aus präventiven Gesichtspunkten» für bestimmte Personen ein erweitertes Angebot für Auffrischungsimpfungen beschlossen. Dazu zählten etwa Menschen in Pflegeheimen oder solche mit geschwächtem Immunsystem, bei denen die letzte Impfung schon mindestens sechs Monate zurückliegt. 

(Stand: 19.1.2022)

Links

Beitrag auf Facebook (archiviert)

Weiterer Facebook-Post (archiviert)

Information Auffrischungsimpfung (archiviert)

Pressemitteilung Ärztekammer Nordrhein (archiviert)

Pressemitteilung Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (archiviert)

Deutsches Bundesgesundheitsministerium zur Auffrischungsimpfung (archiviert)

STIKO-Empfehlung für Auffrischungsimpfungen (archiviert)

GMK zu Auffrischungsimpfungen (archiviert)

Kontakt zum Faktencheck-Team der dpa: factcheck-oesterreich@dpa.com