Zahlen teilweise falsch - Corona-Impfung ist wirksam

Entgegen zahlreicher Experteneinschätzungen wird von vielen Social-Media-Usern nach wie vor die Wirksamkeit der Corona-Impfung infrage gestellt. «Trotz hoher "Durchimpfung", drakonischer Einschränkungen der Grund- und Freiheitsrechte und absurder Test-Exzesse: Kein augenscheinlicher Effekt», heißt es etwa in einem Facebook-Posting (hier archiviert). Als angeblicher Beleg dafür werden Zahlen zu Corona-Tests, Infektionen und Spitalauslastung von Oktober 2020 und Oktober 2021 gegenübergestellt.

Bewertung

Die Zahlen sind teilweise falsch und lassen sich wegen der seit einigen Monaten vorherrschenden Delta-Variante nicht vergleichen. Die Wirksamkeit der Impfung wurde hinlänglich bestätigt.

Fakten

Im Jahr 2020 gab es in dem im Posting angeführten Zeitraum von 23. bis 29. Oktober tatsächlich 159 170 gemeldete Corona-Tests. Im Jahr 2021 waren es im selben Zeitraum 2 263 574. Das geht aus Zahlen des ORF, bereitgestellt von der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) und dem Epidemiologischen Melderegister (EMS), hervor.

Die angegebenen Zahlen zu positiven Corona-Tests sind hingegen falsch. Den Zahlen aus dem AGES-Dashboard zufolge wurden im betreffenden Zeitraum 2020 zusammengerechnet 25 459 Corona-Infektionen festgestellt. 2021 waren es im selben Zeitraum 30 567 Fälle.

Ebenfalls falsch sind die Angaben zu den Anteilen der «Vollständig Geimpften» an der Gesamtbevölkerung und den über 12-Jährigen. Mit Stand 29. Oktober 2021 waren 65,82 Prozent der Gesamtbevölkerung mindestens teilgeimpft - nicht wie im Posting behauptet vollständig geimpft. Vollimmunisiert waren 62,50 Prozent der Gesamtbevölkerung.

Auch bei den über 12-Jährigen war der Anteil der «Vollständig Geimpften» Ende Oktober nicht so hoch wie im Posting angegeben. Einem AGES-Bericht zu Impfdurchbrüchen zufolge lag in dieser Gruppe der Anteil mit vollständiger Impfung am 2. November erst bei 68,20 Prozent.

Die im Facebook-Posting angegebenen Positivitätsraten weichen leicht von den offiziellen Zahlen ab: 2021 lag die Rate in dem Zeitraum durchschnittlich bei 1,08 Prozent. Für 2020 lässt sich die Positivitätsrate für den Zeitraum nicht gesichert feststellen. Am 24. Oktober 2020 war die Rede von über 14 Prozent Positivitätsrate, am 29. Oktober von 12 Prozent und am 6. November gar von 18,5 Prozent.

Die Höhe der Positivitätsrate ist ein Indiz für die Höhe der übersehenen Fälle, also die Dunkelziffer, wie das Statistik-Portal «Our World in Data» schreibt. Die 2020 deutlich höhere Positivitätsrate deutet darauf hin, dass viele Infektionen übersehen wurden und das Virus stärker zirkulierte als angenommen.

Die im Posting angegebenen Zahlen zu Covid-19-Patienten auf Intensiv- und Normalstationen sind korrekt. 2020 lagen in dem angegebenen Zeitraum tatsächlich durchschnittlich 1 154 Menschen wegen Covid-19 auf der Normalstation. 2021 waren es 948 Menschen. 2020 waren durchschnittlich in den sieben Tagen aufgerundet 196 Menschen wegen Covid-19 auf einer Intensivstation, 2021 aufgerundet 250 Menschen. Das geht aus dem AGES-Dashboard hervor.

Dass sich die Zahlen auf einem ähnlichen Niveau bewegen bzw. die Zahl der Intensivpatienten in dem angegebenen Zeitraum heuer sogar höher ist, dürfte an der deutlich ansteckenderen und einzelnen Studien zufolge auch gefährlicheren Delta-Variante liegen, die seit einigen Monaten das Infektionsgeschehen dominiert.

Einer aktuellen britischen Studie im Fachjournal «The Lancet Infectious Diseases» (Oktober 2021) zufolge haben auch vollständig Geimpfte noch ein gewisses Risiko, sich mit der Delta-Variante anzustecken und auch andere Menschen zu infizieren. Ihre Viruslast fiel zeitweise ähnlich aus wie jene von Ungeimpften. Den Studienautoren zufolge können die Ergebnisse eine Erklärung dafür liefern, warum die Variante auch in Ländern mit hohen Impfquoten für hohe Infektionszahlen sorgen kann.

Die Impfstoffe wurden konzipiert, um Covid-19 und insbesondere schwere Verläufe zu verhindern. Nach Angaben des deutschen Robert Koch-Instituts (RKI) ist die Wahrscheinlichkeit, schwer an Covid-19 zu erkranken, bei den vollständig Geimpften um etwa 90 Prozent geringer als bei nicht Geimpften.

Auch das Öffentliche Gesundheitsportal Österreich oder das deutsche Gesundheitsministerium weisen neben zahlreichen anderen Gesundheitsinstitutionen auf ihren Webseiten auf die hohe Schutzwirkung der Impfung hin. Berechnungen der Gesundheit Österreich (GÖG) ergaben, dass im Zeitraum 1. Februar 2021 bis 8. November 2021 österreichweit 19 203 coronabedingte Krankenhausaufenthalte, 6 259 Aufenthalte in Intensivstationen und 6 118 Todesfälle vermieden werden hätten können.

Die Wirksamkeit der Impfung macht sich auch bei den Corona-Intensivpatientinnen und –patienten bemerkbar. Wie aus Zahlenmaterial des Gesundheitsministeriums, das der APA vorliegt, hervorgeht, waren Anfang November 2021 rund drei Viertel der an Covid-19 erkrankten Personen, die in Österreich auf Intensivstationen behandelt werden mussten, nicht vollständig geimpft. Und das, obwohl rein statistisch mit der Impfquote bei gleichbleibender Virusverbreitung die Zahl der Impfdurchbrüche steigt. Zu dem Thema gibt es bereits einen dpa-Faktencheck.

(Stand: 22.11.2021)