89 Prozent der italienischen Corona-Toten starben ursächlich an Covid-19  

17.11.2021, 09:10 (CET), letztes Update: 22.11.2021, 14:04 (CET)

In sozialen Medien äußern User immer wieder Zweifel an von Behörden kommunizierten Corona-Zahlen. Zuletzt kursierte ein Facebook-Posting (hier archiviert) mit der Behauptung, das Italienische Oberste Gesundheitsinstitut (ISS) habe die Zahl der Covid-Todesopfer von 130 000 auf 4 000 korrigiert.  

Bewertung

Die Behauptung ist falsch. Bis 5. Oktober 2021 starben 130 468 Italiener an Covid-19. In 2,9 Prozent der Fälle lag keine Vorerkrankung vor. Das bedeutet aber nicht, dass nur diese 3 783 Personen an den Folgen der Erkrankung starben. Die verbleibenden 97,1 Prozent verstarben nämlich nicht ursächlich an ihren Vorerkrankungen. Richtig ist laut dem italienischen Gesundheitsinstitut vielmehr, dass 89 Prozent der Todesfälle direkt auf eine Erkrankung an Covid-19 zurückzuführen waren. 

Fakten

Die in Sozialen Medien verbreitete Behauptung geht auf eine Fehlinterpretation des italienischen Online-Portals Il Tempo zurück. Das Portal bezieht sich in dem Artikel auf einen Bericht des ISS. Der Bericht enthält Informationen zu Covid-19-Toten von Pandemiebeginn bis zum 5. Oktober 2021 und ist auch auf Englisch abrufbar. Er wurde am 19. Oktober 2021 von dem Institut, das dem italienischen Gesundheitsministerium unterstellt ist, in einer Presseaussendung veröffentlicht. 

Dem ISS-Bericht zufolge starben bis zum 5. Oktober 2021 exakt 130 468 Menschen an Covid-19. Von allen Covid-19-Patienten, die seit Beginn der Pandemie in Italien gestorben sind, hätten 2,9 Prozent keine Komorbidität oder Grunderkrankung gehabt. Daraus schließt die italienische Zeitung in dem online abrufbaren Artikel fälschlicherweise, dass nur 3 783 Menschen an den Folgen einer Covid-19-Erkrankung verstorben seien.  

Das wird aber nirgendwo im ISS-Bericht erwähnt. Das Gesundheitsinstitut weist in einer weiteren Presseaussendung zudem darauf hin, dass in dem Bericht nicht steht, dass nur 2,9 Prozent der Covid-19-Todesfälle direkt auf das Virus zurückzuführen seien. «Die auf der Grundlage von Sterbeurkunden erstellten (…) Berichte zeigen, dass COVID-19 bei 89 Prozent der Todesfälle von Personen mit positivem SARS-CoV-2-Test die direkt verantwortliche Todesursache ist», heißt es.  

«Die Interpretation der Daten ist falsch», sagt auch Graziano Onder, einer der Autoren des Berichts in einem Artikel in der italienischen Tageszeitung La Repubblica. Er betont, dass die Patienten in vielen Fällen zwar eine Vorerkrankung gehabt hätten, aber im Wesentlichen gesund gewesen seien und noch viele Jahre leben hätten können.  

Die häufigste Komorbidität ist dem Bericht zufolge Bluthochdruck, gefolgt von Diabetes und ischämischen Herzerkrankungen. Außer in seltenen dramatischen Situationen führe Bluthochdruck nicht zum Tod, erklärt Onder. Auch mit einer Diabeteserkrankung würden Patienten oft viele Jahrzehnte weiterleben können. 

(Stand: 17.11.2021)

Links

Facebook-Posting (archiviert

Zeitungsartikel Il Tempo vom 21.10.2021 (archiviert)

ISS

ISS-Bericht vom 5.10.2021 (archiviert

ISS-Presseaussendung  53/2021 vom 19.10.2021 (archiviert

ISS-Presseaussendung 55/2021 vom 25.10.2021 (archiviert

Zeitungsartikel La Repubblica vom 25.10.2021 (archiviert

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