12,6 Prozent Fehlgeburten bei Studie kein «erschreckendes Ergebnis»

13.7.2021, 14:30 (CEST)

Nach wie vor ist die Covid-19-Impfung ein großes Thema unter Impfkritikern. Zuletzt kursierten in Sozialen Medien erneut falsche und irreführende Behauptungen rund um eine Studie des «New England Journal of Medicine». In einem Facebook-Posting (hier archiviert) heißt es etwa, dass die Studie ein «erschreckendes Ergebnis» zutage gebracht habe: 12,6 Prozent Fehlgeburten nach Covid-19-Impfung. Trotz einer Fehlgeburt auf je acht Schwangere hätten die Studienautoren  keine offensichtlichen Sicherheitssignale erkennen wollen. Damit wird suggeriert, dass 12,6 Prozent Fehlgeburten ein besorgniserregend hoher Wert ist.

Bewertung

Tatsächlich hatten der Studie zufolge 12,6 Prozent der Frauen eine Fehlgeburt. Dieser Wert liegt allerdings im Durchschnitt. Die vorläufigen Ergebnisse der Studie deuten nicht auf Sicherheitsbedenken hin. Das bestätigen Angaben mehrerer Gesundheitsinstitutionen.

Fakten

Von 3 958 Teilnehmerinnen hatten 827 eine vollendete Schwangerschaft, deren Daten flossen also in die Berechnung der Fehlgeburten hinein. 115 dieser 827 Frauen (13,9 Prozent) hatten einen «Schwangerschaftsverlust» («pregnancy loss»). 712 Teilnehmerinnen (86,1 Prozent) hatten eine sogenannte Lebendgeburt («live birth»).

104 Frauen (12,6 Prozent) erlitten eine Fehlgeburt («spontaneous abortion»), eine Frau eine Totgeburt (0,1 Prozent) und zehn Frauen (1,2 Prozent) hatten eine Abtreibung oder eine Eileiterschwangerschaft, die nicht ausgetragen werden kann. 

Der Wert der Fehlgeburten liegt verglichen mit sonstigen Raten von Fehlgeburten im Durchschnitt, wie die folgenden Daten zeigen. Aufgrund der hohen Varianz der Zahlen in verschiedenen Regionen werden mehrere Quellen angeführt. Dem medizinischen Journal The Lancet (2021) zufolge liegt das Gesamtrisiko, eine Fehlgeburt zu erleiden, unter allen wahrgenommenen Schwangerschaften bei 15,3 Prozent. Die US-Stiftung March of Dimes gibt das Risiko mit zehn bis 15 Prozent an. Die US-Organisation Planned Parenthood nennt zehn bis 20 Prozent. Laut dem wissenschaftlichen Informations-Portal Science Direct (2019) ist die Fehlgeburt die häufigste Komplikation in der Schwangerschaft. Berichten zufolge hätten 12 bis 24 Prozent der Frauen mit positivem Schwangerschaftstest eine Fehlgeburt.

In der Studie des «New England Journal of Medicine» (NEJM) steht, dass – obwohl nicht gänzlich miteinander vergleichbar - die Anteile der negativen Schwangerschaftsentwicklungen den Anteilen, die bei Untersuchungen vor der Corona-Pandemie festgestellt wurden, ähnlich zu sein scheinen. Fehlgeburten zählen zu solchen negativen Ausgängen. Die vorläufigen Ergebnisse hätten keine Sicherheitsbedenken bei Schwangeren, die mRNA-Covid-19-Impfstoffe erhalten hatten, gezeigt.

Allerdings brauche es noch mehr Studien, etwa in früheren Schwangerschaftsphasen. Die meisten Frauen hatten ihre erste Impfdosis nämlich in einem späteren Stadium der Schwangerschaft erhalten. Daher wird darauf hingewiesen, dass der Anteil der Schwangeren, welche eine Fehlgeburt hatten, möglicherweise nicht die wahre Anzahl in Bezug auf die Impfung wiederspiegeln würde, da Teilnehmerinnen nach der Phase des größten Risikos im ersten Trimester geimpft worden waren. Sehr frühe Fehlgeburten könnten möglicherweise nicht erkannt worden sein.

In einem Schreiben der Ärztekammer Wien heißt es, dass sich auf Basis von Daten des US-Impfsicherheitsregisters V-Safe, das auch bei der NEJM-Studie herangezogen wurde, «keinerlei spezifische Risiken für Schwangere, für die fetale Entwicklung und für Neugeborene» gezeigt hätten. «Im Rahmen der Datensammlung konnten 275 Schwangerschaften bereits abschließend ausgewertet werden. Dabei wurden keine höheren Risiken für Fehl- oder Totgeburten, Schwangerschaftskomplikationen, Frühgeburten oder Komplikationen beim Fötus/Neugeborenen im Vergleich zu Schwangeren ohne COVID-Impfung festgestellt».

Es wird außerdem darauf hingewiesen, dass Schwangere mittlerweile im Impfplan priorisiert werden, weil sie im Fall einer Covid-19-Erkrankung ein dreifach höheres Risiko für schwere Verläufe oder eine Frühgeburt haben: «Eine Impfung kann dies verhindern.»

Auch die US-Gesundheitsbehörde Centers for Disease Control and Prevention (CDC) schreibt, dass keine Sicherheitsbedenken für schwangere Frauen bestünden, die geimpft wurden. Die Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe(OEGGG) empfiehlt in ihrer Stellungnahme von 29. April 2021, Schwangeren aufgrund des erhöhten Risikos für einen schweren Verlauf die Corona-Impfung zu ermöglichen.

(Stand: 13.7.2021)

Links

Studie im «New England Journal of Medicine» (archiviert)

The Lancet über Anteil von Fehlgeburten (archiviert)

US-Stiftung March of Dimes über Anteil von Fehlgeburten (archiviert)

Planned Parenthood über Anteil von Fehlgeburten (archiviert)

Informations-Portal Science Direct über Fehlgeburten (archiviert)

Schreiben der Ärztekammer Wien (archiviert)

Infos der US-Gesundheitsbehörde Centers for Disease Control and Prevention (CDC)(archiviert)

Stellungnahme der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) (archiviert) (Download)

Facebook-Posting (archiviert)

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