Corona-Impfungen noch nicht für Kinder zugelassen - EMA-Einträge sind Verdachtsfälle

7.5.2021, 15:36 (CEST)

Nach wie vor verweisen Impfkritiker regelmäßig auf Nebenwirkungen, die im Zusammenhang mit Corona-Impfungen aufgetreten seien. Derzeit heißt es etwa in einem Artikel von «Report 24», dass Impfstoff über die Muttermilch an den Säugling weitergegeben werde könne, was zu schweren Nebenwirkungen führen könne. Aus der Datenbank der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) gehe zudem hervor, dass bereits Kinder ab dem Alter von einem Jahr geimpft worden seien, heißt es dort. Zudem seien schon mehrere Kinder nach Corona-Impfungen gestorben.

BEWERTUNG: Es gibt keine Belege dafür, dass Impfstoffe über die Muttermilch weitergegeben werden. Impfstoffe gegen das Coronavirus sind derzeit nicht für Kinder zugelassen. Laut der EMA fließen in ihre Datenbank aber auch vermutete Nebenwirkungen von «off label»-Anwendungen ein - also wenn ein an sich zugelassenes Arzneimittel auf eine nicht genehmigte Art verwendet wird. Über Kausalität sagen die Eintragungen in der Datenbank jedoch nichts aus.

FAKTEN: Zunächst gilt, dass die Datenbank EudraVigilance der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) nur gemeldete Verdachtsfälle von Nebenwirkungen anführt, wie sich auf deren Webseite nachlesen lässt (hier, hier). Nationale Arzneimittel-Regulierungsbehörden und Zulassungsinhaber melden diese Verdachtsfälle. Mit anderen Worten werden in dieser Datenbank Symptome gesammelt, die nach der Einnahme oder Anwendung eines Arzneimittels beobachtet wurden. Daraus lässt sich nicht ableiten, dass ein Medikament ein Symptom auslöste.

Schlussfolgerungen über Nutzen oder Risiken eines Arzneimittels können daher nicht allein auf Basis dieser Datenbank getroffen werden. Auch kann die Wahrscheinlichkeit, mit der eine Nebenwirkung auftritt, nicht abgeschätzt werden. Das bestätigte eine Pressesprecherin der EMA der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Die Covid-19-Impfstoffe von Astrazeneca, Moderna und Johnson & Johnson sind derzeit nur für über 18-Jährige zugelassen, jener von Biontech/Pfizer für über 16-Jährige. Prinzipiell werden also keine dieser Impfstoffe an Kinder verabreicht.

Dass bei der EMA-Datenbank trotzdem vermutete Nebenwirkungen bei Kindern aufscheinen, hat laut der EMA-Pressesprecherin folgenden Grund: Vermutete Nebenwirkungen würden von allen Verwendungen der Arzneimittel gemeldet - nicht nur von jenen, die im Einklang mit den Empfehlungen der Arzneimittelzulassung in Europa stünden. Es könnten also ebenfalls Fälle von vermuteten Nebenwirkungen in die Statistik einfließen, bei denen Covid-19-Impfstoffe «off label» an Kinder verabreicht worden waren, sagte die Sprecherin der dpa auf Anfrage.

Eine «off label»-Verwendung bedeutet, dass ein an sich zugelassenes Arzneimittel auf eine nicht genehmigte Art und Weise verwendet wird - beispielsweise in Altersgruppen, für die es nicht freigegeben ist. Aus den EMA-Webseiten der vier zugelassenen Corona-Impfstoffe geht hervor, dass diese Kindern von offizieller Seite nicht verabreicht werden, bis die Studienlage abschließend geklärt ist (hier, hier, hier, hier).

Einige der gemeldeten Verdachtsfälle würden sich auf Eltern-Kind-Berichte beziehen, so die Sprecherin. Also beispielsweise auf Situationen, in denen eine stillende Frau einen Covid-19-Impfstoff erhalten habe und über vermutete Reaktionen, die an ihrem Baby aufgetreten seien, berichtete. Dies solle aber «nicht als Bestätigung dafür verstanden werden, dass die Impfstoffe über die Muttermilch an den Säugling weitergegeben werden können», erklärt die Sprecherin.

Auf Basis der EMA-Datenbank lässt sich nicht gesichert feststellen, ob unter 18-Jährige in zeitlichem Zusammenhang zu einer Covid-19-Impfung verstarben. Über eine Kausalität sagen etwaige Eintragungen ohnehin nichts aus, wie die EMA-Sprecherin bestätigte.

Einige der im Artikel angeführten Fälle scheinen in der EMA-Datenbank nicht auf. Das kann daran liegen, dass sich Fallzahlen auch verringern können, beispielsweise weil neue Informationen zu einem Fall vorliegen. Bei den Daten handelt es sich eben um eine «lebende» Datenbank. Andere der angegebenen Fälle beziehen sich auf 16-Jährige, die mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer geimpft wurden, was zulässig ist.

Zumindest Biontech/Pfizer führte in der Vergangenheit bereits Covid-19-Impfstudien mit 12 bis 15-jährigen Kindern durch, berichtete das wissenschaftliche Journal «Nature». Die Kinder hatten die Impfung demnach gut vertragen. Derzeit finden Impfstoff-Studien mit Kindern zwischen sechs Monaten und elf Jahren von Biontech/Pfizer statt. Ende April beantragte der Impfstoffhersteller laut Medienberichten bei der EMA die Zulassung ihres Corona-Vakzins für Kinder zwischen zwölf und 15 Jahren.

Das Nationale Impfgremium (NIG) empfiehlt die Coronavirus-Impfung für Schwangere, berichtete u.a. der ORF. Tierexperimentelle Studien lassen laut dem Impfgremium nicht auf schädliche Wirkungen in Bezug auf Schwangerschaft, Entwicklung des Babys oder Geburt schließen. Bezüglich des Stillens heißt es in der Empfehlung: «Es ist nicht zu erwarten, dass mRNA-Impfstoffe oder Bestandteile desselben in die Muttermilch übertreten und sich daraus irgendein theoretisches Risiko ableiten ließe. (...) Dies ist auch bei Vektorimpfstoffen nicht zu erwarten.»

Die Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) empfiehlt in ihrer Stellungnahme von 29. April 2021, Schwangeren aufgrund des erhöhten Risikos für einen schweren Verlauf die Corona-Impfung zu ermöglichen. Unter Teilnehmerinnen von klinischen Impfstoff-Studien, die unwissentlich schwanger waren, gebe es derzeit keine bekannten negativen Auswirkungen.
Stillenden Frauen könne die Impfung empfohlen werden: «Durch die Impfung gebildete Antikörper gegen eine Infektion mit Sars-CoV2, welche durch die Muttermilch auf das Neugeborene übertragen werden, sind als potentiell schützend anzusehen.»

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Links:

«Report24»-Artikel: https://report24.news/schock-schon-mehrere-tote-kinder-nach-impfungen-wie-ist-das-moeglich/?fbclid=IwAR1f_swGqskb0pDICOoOiGZfvvojDSFmQGeX1ufjRzrWbR9iL0ztAzanhbI (archiviert: https://archive.is/KsKLi)

Hintergrundinfos zu EMA-Datenbank: http://www.adrreports.eu/de/background.html (archiviert: https://perma.cc/7572-2A7S)

FAQs zur Datenbank: http://www.adrreports.eu/de/faqs.html (archiviert: https://perma.cc/DP36-XARR)

Früherer dpa-Faktencheck zu EMA-Datenbank: https://dpa-factchecking.com/austria/210414-99-203871/

Alter für Astrazeneca-Impfung: https://www.ema.europa.eu/en/documents/overview/vaxzevria-previously-covid-19-vaccine-astrazeneca-epar-medicine-overview_en.pdf (archiviert: https://perma.cc/X752-UWTW)

Alter für Moderna-Impfung: https://www.ema.europa.eu/en/documents/overview/covid-19-vaccine-moderna-epar-medicine-overview_en.pdf (archiviert: https://perma.cc/X9BJ-N66U)

Alter für Janssen-Impfung: https://www.ema.europa.eu/en/documents/overview/covid-19-vaccine-janssen-epar-medicine-overview_en.pdf (archiviert: https://perma.cc/227Z-NNYE)

Alter für Biontech/Pfizer-Impfung: https://www.ema.europa.eu/en/documents/overview/comirnaty-epar-medicine-overview_en.pdf (archiviert: https://perma.cc/ZB7U-W4R2)

«off-label»-Verwendung von Arzneimitteln laut U.S. Food & Drug Administration: https://www.fda.gov/patients/learn-about-expanded-access-and-other-treatment-options/understanding-unapproved-use-approved-drugs-label#:~:text=Unapproved%20use%20of%20an%20approved,a%20different%20type%20of%20cancer. (archiviert: https://perma.cc/7LW2-EYEH)

FAQs zu Astrazeneca-Impfung: https://www.ema.europa.eu/en/medicines/human/EPAR/vaxzevria-previously-covid-19-vaccine-astrazeneca (archiviert: https://perma.cc/66SZ-BZ4P)

FAQs zu Moderna-Impfung: https://www.ema.europa.eu/en/medicines/human/EPAR/covid-19-vaccine-moderna (archiviert: https://perma.cc/X2SF-9GHR)

FAQs zu Biontech/Pfizer-Impfung: https://www.ema.europa.eu/en/medicines/human/EPAR/comirnaty (archiviert: https://perma.cc/M3SV-G5CV)

FAQs zu Janssen-Impfung: https://www.ema.europa.eu/en/medicines/human/EPAR/covid-19-vaccine-janssen (archiviert: https://perma.cc/S8MY-GDUD)

«Nature» über Covid-19-Impfungen bei Kindern: https://www.nature.com/articles/d41586-021-01061-4 (archiviert: https://perma.cc/C3QC-GD6H)

Impfstoff-Studien von Biontech/Pfizer mit Kindern: https://www.pfizer.com/science/clinical-trials/children (archiviert: https://archive.is/gk0i7)

Deutsche Tagesschau über Biontech/Pfizer-Antrag bei EMA: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/biontech-impfstoff-zulassung-kinder-jugendliche-103.html (archiviert: https://archive.is/TIuL9)

EMA über Spontanmeldungen: https://www.ema.europa.eu/en/human-regulatory/post-authorisation/pharmacovigilance/signal-management (archiviert: https://perma.cc/3AC2-T4HP)

Leitfaden der EMA: https://www.ema.europa.eu/en/documents/report/guide-interpretation-spontaneous-case-reports-suspected-adverse-reactions-medicines_en.pdf (archiviert: https://perma.cc/GT26-XZLS)

ORF-Bericht über NIG-Empfehlung: https://orf.at/stories/3211050/ (archiviert: https://archive.is/ZbrMW)

Anwendungsempfehlungen des Nationalen Impfgremiums (NIG) zu Covid-19-Impfungen (Download): https://www.sozialministerium.at/dam/jcr:16b9dd8d-99a4-4ac4-bfa9-73388d219a14/COVID-19-Impfungen__Anwendungsempfehlung_des_Nationalen_Impfgremiums_Version_3.2_(Stand__28.04.2021).pdf (archiviert: https://perma.cc/928P-HYMJ)

Österreichische Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) (Download): https://www.oeggg.at/app/download/9968474586/Stellungnahme%20COVID-19%20Impfung%20UPDATE2%20f%C3%BCr%20Frauen%20mit%20Kinderwunsch,%20Schwangere%20und%20stillende%20Frauen%20VNR%20290421%20.pdf?t=1620248025 (archiviert: https://perma.cc/2U4B-PZTJ)

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