Es gibt keine Belege, dass sich der frühere spanische Erzbischof genau so geäußert hat

01.04.2021, 10:50 (CEST)

Immer wieder werden Menschen in den sozialen Medien mit falschen Zitaten in Verbindung gebracht. In einem oft geteilten Facebook-Posting (hier archiviert) heißt es etwa, der spanische Geistliche Braulio Rodríguez Plaza habe wörtlich gesagt: «Frauen können verhindern, dass sie geschlagen werden, indem sie einfach das tun, was die Männer von ihnen verlangen.»

BEWERTUNG: Es gibt keine Belege dafür, dass der frühere Erzbischof diese Worte genau so gesagt hat. Medienberichte, auf die das Zitat zurückgeht, wurden zurückgezogen.

FAKTEN: Die Kontroverse um das angebliche Zitat von Braulio Rodríguez Plaza geht auf die Jahre 2015 und 2016 zurück. Am 27. Dezember 2015 hielt der damalige Erzbischof von Toledo eine Predigt, in der das Zitat angeblich gefallen sein soll. Darüber hatte auch die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) berichtet.

Die Tageszeitung «Welt» etwa übernahm zumindest Teile des Artikels, wie sich in einer archivierten Fassung nachlesen lässt. Dort heißt es, Frauen seien Rodríguez zufolge selbst schuld, wenn sie von ihren Männern körperlich misshandelt würden. Auch das im Facebook-Posting genannte Zitat wird dem Geistlichen zugeschrieben.

Der Erzbischof wies dies entschieden zurück. Der vielzitierte Satz sei in der Predigt nicht gefallen, sagte ein Sprecher des Geistlichen - «weder wörtlich noch sinngemäß». Die Predigt des Erzbischofs vom 27. Dezember sei in den Medien falsch interpretiert und verkürzt wiedergegeben worden, bestätigte die KNA bei domradio.de und in der «Welt».

Die Agentur zog ihren Artikel zurück und schrieb laut dem Internetportal der katholischen Kirche in Deutschland in einer Stellungnahme: «Das dem Erzbischof zugeschriebene Zitat ist falsch. Auch einige andere Äußerungen sind offenbar über spanische Medien falsch oder unvollständig weiterverbreitet worden.» Auch der KNA-Chefredakteur Ludwig Ring-Eifel äußerte sich auf Twitter mit den Worten: «Angebliche frauenfeindliche Worte des Erzbischofs von #Toledo sind offenbar falsch zitiert worden».

Die Erzdiözese von Toledo veröffentlichte zudem den Predigttext, der noch in einer archivierten Form einsehbar ist. Darin kommt das Zitat nicht vor.

Die Stelle, die dem vermeintlichen Zitat am nächsten kommt, lautet: «Die meisten Frauen, die getötet werden, werden von ihren Ehemännern umgebracht, die sie (ihre Frauen) nicht respektieren, und sie verstoßen, weil sie etwa ihre Anweisungen nicht befolgen (...) Oft hat diese vom Machismo herrührende Reaktion ihren Ursprung darin, dass sie (die Frau) die Trennung eingereicht hat. Es ist wunderbar, dass die Frauen, die bedroht werden, das aussprechen, und dass es durch neue Schutzmechanismen die Möglichkeit gibt, ein Verbrechen zu verhindern.»

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Links:

Facebook-Posting: https://www.facebook.com/edith.friedl.12/posts/10207328014296797 (archiviert: https://archive.is/p9lzj)

Archivierter «Welt»-Artikel zu Predigt: http://dpaq.de/wHg3A

Aktualisierter Artikel von der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) im Domradio.de: https://www.domradio.de/themen/weltkirche/2016-01-15/spanischer-erzbischof-weist-vorwuerfe-und-falsche-zitate-zurueck (archiviert: https://archive.is/n1qh0)

Aktualisierter Artikel von der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in der «Welt»: https://www.welt.de/politik/ausland/article151087983/Spanischer-Erzbischof-weist-Machismo-Vorwuerfe-zurueck.html (archiviert: https://archive.is/2jJX1)

Tweet von KNA zu falschem Zitat: https://twitter.com/KNA_Redaktion/status/688126475870945280 (archiviert: https://archive.is/P2NM6)

Stellungnahme der KNA auf dem Internetportal der katholischen Kirche in Deutschland, katholisch.de: https://www.katholisch.de/artikel/7596-kampf-gegen-die-macho-kultur (archiviert: https://archive.is/8E0rt#30%)

Tweet von KNA-Chefredakteur Ludwig Ring-Eifel: https://twitter.com/LudwigRingEifel/status/687970720568193024 (archiviert: https://archive.is/JQyPT)

Archivierter Predigt-Text der Erzdiözese Toledo: http://dpaq.de/3lXfl

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