PCR-Tests laut WHO «hochverlässlich» bei Sars-CoV-2
11.2.2021, 10:41 (CET)
Seit PCR-Tests in der Bekämpfung der Corona-Pandemie eingesetzt werden, wird deren Aussagekraft infrage gestellt. Derzeit kursieren etwa auf Facebook zahlreiche Postings (hier archiviert), in denen behauptet wird, die Weltgesundheitsorganisation (WHO) habe ihre Leitlinien zur Verwendung von PCR-Tests geändert. Ein positives Ergebnis sei kein Hinweis mehr auf eine «COVID19-Infektion». Die Behauptung gibt es in verschiedenen Versionen. In einem anderen Facebook-Posting (hier archiviert) heißt es, dass die WHO PCR-Tests für unzuverlässig erklärt habe. Laut WHO würde ein solcher Test allein nicht ausreichen, um eine Infektion festzustellen.
BEWERTUNG: Wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) auf Anfrage mitteilte, hält sie PCR-Tests nach wie vor für ein «hochverlässliches Instrument zur Diagnose von Covid-19». Dass eine Veröffentlichung aus dem Jänner 2021 eine Änderung der WHO-Einschätzung zu PCR-Tests darstellt, stimmt nicht. Hintergrund sind einer Sprecherin zufolge zehn Berichte über Probleme mit Tests, die die WHO seit Beginn der Pandemie erreicht haben.
FAKTEN: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat am 20. Jänner 2021 eine Informationsnotiz veröffentlicht, die sich an Nutzerinnen und Nutzer von PCR-Tests richtet - also beispielsweise an Laborpersonal. In der Notiz wird unter anderem angemahnt, die Gebrauchsanweisungen von PCR-Tests sorgfältig zu lesen.
Darüber hinaus macht die WHO auf bekannte Eigenschaften der Tests aufmerksam. Es geht zum Beispiel darum, dass es umso mehr zu falsch-positiven Ergebnissen kommt, je weniger tatsächlich Infizierte es gibt - also bei Menschen ohne Infektion eine solche fälschlicherweise doch festgestellt wird. Über die Qualität und Verlässlichkeit von Tests sagt das jedoch nichts aus.
Zudem weist die WHO darauf hin, dass der Ct-Wert umgekehrt proportional zur Viruslast ist. Dieser Wert gibt die Zahl der Testzyklen an, die nötig sind, um Virus-RNA zu reproduzieren und damit zu erkennen. Die WHO rät zu sorgfältigen Interpretationen von schwachen Positivergebnissen auf eine Infektion, also von Tests, bei denen viele Zyklen nötig waren. Es müssen der Notiz zufolge die vom Hersteller empfohlenen Schwellenwerte beachtet werden. Im Zusammenhang mit schwachen Positivergebnissen rät die WHO dazu, auf Symptome bei Getesteten zu achten und einen neuen Test durchzuführen - nicht aber allgemein bei positiven Ergebnissen.
Auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) teilte die WHO mit: «Wir möchten bekräftigen, dass wir ordnungsgemäß verwendete PCR-Tests für ein hochverlässliches Instrument zur Diagnose von Covid-19 halten». Gänzlich falsch ist also die Behauptung, die WHO halte ein positives Ergebnis nun nicht länger für einen Hinweis auf eine Infektion.
Hintergrund der Notiz sind der WHO zufolge zehn Berichte an die Organisation seit dem Jahresanfang 2020, in denen es um Probleme mit PCR-Tests ging. Dabei ging es sowohl um falsch-positive als auch falsch-negative Ergebnisse, wie eine Sprecherin auf dpa-Anfrage schrieb. Untersuchungen hätten ergeben, dass in den konkreten Fällen nicht die von den Herstellern angegebenen Ct-Schwellenwerte beachtet worden seien. Auf diese Vorgaben mache die Notiz aufmerksam, die in einer ersten Version bereits im Dezember 2020 veröffentlicht worden war.
Eine nun angeblich festgestellte Unzuverlässigkeit der Test lässt sich ebenso wenig aus der Notiz ableiten, wie dass es sich um eine Änderung der WHO-Einschätzung handelt, wie in einigen der Postings suggeriert. In der neuen Informationsnotiz ist von weiteren bei der Diagnose zu berücksichtigenden Faktoren zudem ausdrücklich im Kontext von «Gesundheitsdiensten» («health care providers») die Rede. Wie die einzelnen Staaten PCR-Tests wiederum zur Ermittlung von Fallzahlen einsetzen, schreibt die WHO nicht vor.
In Österreich zählt es zu den Aufgaben der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), übertragbare und nicht übertragbare Krankheiten der Bevölkerung zu bekämpfen oder zu verhindern. Sowohl das Gesundheitsministerium als auch das deutsche Robert-Koch Institut (RKI) bezeichneten die PCR-Testung als Goldstandard zur Diagnose einer Infektion mit Sars-CoV-2. Der PCR-Test stelle «die verlässlichste Methode dar, die Identifizierung und Isolation von Personen, welche mit Sars-CoV-2 infiziert bzw. an Covid-19 erkrankt sind, zu ermöglichen», heißt es in der Österreichischen Teststrategie. Die PCR-Testung ist also wesentlicher Teil davon.
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Links:
WHO-Notiz (20.01.2021): https://www.who.int/news/item/20-01-2021-who-information-notice-for-ivd-users-2020-05 (archiviert: https://archive.vn/6ny13)
Frühere WHO-Version (14.12.2020, archiviert): https://web.archive.org/web/20201215013928/https://www.who.int/news/item/14-12-2020-who-information-notice-for-ivd-users
Geschäftsfelder der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES): https://www.ages.at/ages/geschaeftsfelder/#
Österreichische Teststrategie (Seite 9): http://dpaq.de/AWD4c (archivierter Download-Link: http://dpaq.de/0YQzT)
Robert Koch-Institut (RKI) zu PCR-Tests bei Sars-Cov-2: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Vorl_Testung_nCoV.html;jsessionid=8842BC6EB9EB651F68F8A285EAC47527.internet082?nn=13490888#doc13490982bodyText4 (archiviert: https://archive.vn/zd1dy#selection-2505.0-2505.37)
Facebook-Posting 1: https://www.facebook.com/www.oesterreichistfrei.info/posts/236757931382782 (archiviert: https://archive.vn/LsTbb)
Facebook-Posting 2: https://www.facebook.com/Dr.Spitzbart/posts/3287515171354077 (archiviert: https://archive.vn/DZ0PB)
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