Keine Belege für durch Masken erkrankte Kinder in Wien

06.10.2020, 15:48 (CEST)

Einige Menschen stören sich an der Tragepflicht einer Schutzmaske als Maßnahme gegen die Ausbreitung von Covid-19. Gegner der Masken argumentieren, dass diese schädlich für die Gesundheit seien. Derzeit seien etwa alleine in Wien zehn Kinder mit einer Lungenpilzinfektion im Krankenhaus, behauptet etwa ein Posting auf Facebook. Quelle soll eine nicht näher genannte Ärztin sein.

BEWERTUNG: Es gibt keine Hinweise, dass derzeit mehrere Kinder mit einer durch Masken verursachten Lungenpilzinfektion in einem Wiener Spital liegen. In sämtlichen Spitälern mit Kinderambulanzen ist kein einziger derartiger Fall bekannt.

FAKTEN: In dem Posting ist von einer größeren Anzahl von Fällen die Rede, die allesamt von einer einzigen Ärztin bestätigt worden sein sollen. Berichte in größeren Medien ließen sich dazu jedoch nicht finden.

Eine Auflistung der Kinderambulanzen in Wiener Spitälern findet sich auf der Homepage der Österreichischen Gesundheitskasse und auf der Homepage der Ärztekammer für Wien. Davon gibt es insgesamt sieben: Das St.-Anna-Kinderspital, das Universitätsklinikum AKH Wien, die Klinik Ottakring (Wilhelminenspital), die Klinik Donaustadt (Donauspital im SMZ OST), die Klinik Favoriten (Kaiser-Franz-Josef-Spital), die Klinik Floridsdorf (Krankenhaus Nord) und die Klinik Landstraße (Krankenanstalt Rudolfsstiftung).

Mit Ausnahme des St.-Anna-Kinderspitals gehören alle erwähnten Spitäler zum Wiener Gesundheitsverbund. Auf eine gemeinsame Anfrage der dpa und der APA - Austria Presse Agentur erklärte Marion Wallner von der Unternehmenskommunikation des Wiener Gesundheitsverbundes, dass es in dessen Kliniken «keine stationären Aufnahmen von Kindern mit Lungenpilzinfektionen, die durch das Tragen eines MNS hervorgerufen wären», gebe.

Auch Sabine Steigenberger vom St.-Anna-Kinderspital erklärte auf Anfrage und nach Rücksprache mit dem ärztlichen Leiter Prof. Dr. Wolfgang Holter, dass «kein derartiger Fall bekannt ist».

In den erwähnten Krankenhäusern mit Kinderstationen ist somit kein einziger Fall verifizierbar. Eine derartige Anhäufung von Lungenpilzinfektionen bei Kindern hätte zudem vermutlich für mediales Interesse gesorgt.

In einem anderen Faktencheck hat sich die dpa darüber hinaus bereits der Behauptung angenommen, dass Masken Lungenerkrankungen entstehen lassen können. Ali Önder Yildirim, Leiter des Instituts für Lungenbiologie am Helmholtz Zentrum München, sagte dazu der Deutschen Presse-Agentur im Mai 2020: «Das Tragen von Masken wird keine Lungenerkrankungen verursachen.» Vielmehr sei das Gegenteil der Fall: «Wir empfehlen ja den Leuten, die Masken zu benutzen, um sich gegen Covid-19, das eine Lungenerkrankung ist, zu schützen.»

Auffällig ist die zeitliche Nähe zu ähnlichen Behauptungen in Deutschland, dass mehrere Kinder durch das Tragen der Masken verstorben seien. Auch hier konnte dpa in einem anderen Faktencheck zeigen, dass es für die beschriebenen Fälle keine Belege gibt.

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Links:

Beitrag auf Facebook: https://www.facebook.com/renate.schober.37/posts/994711794364555(archiviert: https://archive.is/ivFZ4)

Österreichische Gesundheitskasse: https://www.gesundheitskasse.at/cdscontent/?contentid=10007.836846 (archiviert: https://archive.is/S8yCC)

Ärztekammer Wien: https://www.aekwien.at/ihr-kind-ist-krank (archiviert: https://archive.is/0JULP)

Wiener Gesundheitsverbund: https://gesundheitsverbund.at/kliniken/ (archiviert: https://archive.is/qberm)

Faktencheck dpa: https://dpa-factchecking.com/austria/200522-99-151314/

Faktencheck dpa: https://dpa-factchecking.com/germany/201005-99-829014/

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