Affenzellen kein regulärer Inhaltsstoff von Nasenspray für Grippeimpfung

26.8.2020, 10:27 (CEST)

In Österreich wird im Herbst im Rahmen des freiwilligen Kinderimpfprogrammes eine Grippeimpfung per Nasenspray für Kinder angeboten. Diese Ankündigung sorgte in gewissen Kreisen für Aufregung, User warnen sich mittlerweile gegenseitig mit einem Informationsbild vor dem Impfstoff, der unter anderem Affenzellen, Gelatine vom Schwein und genveränderte Organismen enthalten soll. Dies wird von vielen Menschen als problematisch angesehen. Eine Userin kommentiert das geteilte Bild etwa sarkastisch mit: «alles was man eben gerne seinem Kind über die Nase ins Hirn spritzen möchte...». Zielgruppe seien laut Bild Kinder und Jugendliche von zwei bis 18 Jahren.

BEWERTUNG: Die Behauptung, dass der Impfstoff Affenzellen enthalte, ist falsch. Die von Meerkatzen stammenden Vero-Zellen spielen nur bei der Erzeugung des Impfstoffes eine Rolle. Gentechnisch veränderte Organismen sind in Form der Virenstämme vorhanden, auch Gelatine ist ein Bestandteil. Die obere Altersgrenze für das kostenlose Kinderimpfprogramm ist das vollendete 15. Lebensjahr.

FAKTEN: Warnungen vor dem Impfstoff kursieren schon seit mehreren Wochen in verschiedenen Formen. In einer oft geteilten Nachricht wurde neben den oben genannten Bestandteilen auch vor toxischen Inhaltsstoffen gewarnt und auch behauptet, dass jedes Kind geimpft wird. Unseren Faktencheck für diese nachweisbar falschen Behauptungen finden sie hier.

In der aktuell vorliegenden Version finden sich etwas weniger drastische Behauptungen. Der Text erwähnt etwa vermeintliche Inhaltsstoffe wie «Affennieren Zellen», Gelatine und gentechnisch veränderte Organismen. Diese seien dem offiziellen Beipackzettel entnommen.

Karin Storzer, Sprecherin von AstraZeneca Österreich, erklärte auf Anfrage, was unter den genetisch veränderten Organismen zu verstehen sei. «Dies sind die Influenzaviren, die lebend-attenuiert sind. Sie sind also dahingehend genetisch modifiziert, dass sie keine influenza-typischen Krankheitssymptome auslösen und sich kaum bei Körpertemperatur vermehren können», so Storzer. Sie können aber dennoch zu einer Immunisierung führen. Die Organismen seien wie alle anderen Wirkstoffe und Bestandteile in der Fachinformation und der Gebrauchsinformation (hier online) auch angegeben. Auch Gelatine ist dort aufgelistet.

Der Nasenspray enthalte allerdings weder pflanzliche noch tierische Zellen. Somit seien auch keine Zellen von Affen, Hunden oder sonstigen Organismen enthalten. Keiner der verwendeten Bestandteile sei in der «verwendeten Dosierung» toxisch.

Auch Michael Freissmuth, Leiter des Zentrums für Physiologie und Pharmakologie an der Medizinischen Universität Wien, gab auf Anfrage der APA und dpa Entwarnung hinsichtlich der Risiken des Medikaments. Der Wirkstoff enthalte abgeschwächte Viren von vier Stämmen. Diese seien anfällig gegen Hitze und würden bei Körpertemperatur rasch inaktiviert. Angesprochen auf die im Text behauptete «gentechnische Herstellung» erklärte Freissmuth, dass die Viren in Zellkultur «reassortiert» - also genetisch verändert - werden, damit gezielt «Gensegmente vom Wildtypvirus in das Genom des abgeschwächten Virus aufgenommen werden».

Die hierfür verwendeten Vero-Zellen würden von Meerkatzen stammen, die eine Primatengattung darstellen. Der Impfstoff selbst habe aber keinen Kontakt zur Zellkultur.

Hergestellt wird der Impfstoff laut Freissmuth in Hühnereiern. Deshalb könne höchstens Ovalbumin, das Protein im Eiklar, in Spuren vorhanden sein. Ovalbumin könne über die Nase aber nicht ins Hirn oder ins Blut gelangen. Er bestätigte zudem, dass im Impfstoff Schweinegelatine enthalten sei, was bis auf religiöse Probleme unbedenklich sei.

Anders als im Text behauptet, bestätigte das Gesundheitsministerium auf Anfrage, dass die Altersgrenze für die kostenlose Impfung im Rahmen des Kinderimpfprogrammes das vollendete 15. Lebensalter ist.

---

Links:

Beitrag auf Facebook: https://www.facebook.com/anita.brem.7/posts/3436406039737696 archiviert: http://archive.is/77rVp)

dpa-Faktencheck: https://dpa-factchecking.com/austria/200720-99-861964/ (archiviert: http://archive.is/SfKx5)

Beipackzettel online: https://www.patienteninfo-service.de/a-z-liste/f/fluenzR-tetra-nasenspray-suspension/#4 (archiviert: http://archive.is/U9bK0)

Faktencheck Correctiv: https://correctiv.org/faktencheck/2020/07/17/nein-ein-nasenspray-impfstoff-gegen-grippe-fuer-kinder-in-oesterreich-enthaelt-keine-zellen-von-affen-und-hunden (archiviert: https://archive.is/NiPEo)

Faktencheck Mimikama: https://www.mimikama.at/aktuelles/nasenspray-zellen-hunde-affen/ (archiviert: https://archive.is/sIVCw)

---

Kontakt zum Faktencheck-Team der dpa: factcheck-oesterreich@dpa.com