Das Tragen von Masken ist für gesunde Menschen unbedenklich

31.7.2020, 13:47 (CEST)

Erneut zirkuliert auf Facebook ein Posting, in dem vor dem Tragen von Masken gewarnt wird. Der Beitrag bezieht sich auf ein Schreiben, in dem fünf Punkte aufgelistet werden, die «aus medizinischer Sicht passieren», wenn man eine Maske trägt. So heißt es etwa, die Lunge werde beim Tragen einer Maske nicht mehr so gut «belüftet» - was Lungenkrankheiten fördere.

BEWERTUNG: Mediziner geben weitgehend Entwarnung. Es gibt keinen Beleg dafür, dass Masken Lungenkrankheiten fördern oder anderweitig gefährlich sind. Allein Menschen mit bestimmten Erkrankungen wird vom Tragen von Masken abgeraten. Einer aktuellen Studie zufolge reduziert das Tragen einer Maske während körperlicher Anstrengung die Leistungsfähigkeit des Herzen und der Lunge. Die Studie ist aber laut den Autoren nicht als Infragestellen der Maskenpflicht gedacht und kann nicht auf Alltagssituationen übertragen werden.

FAKTEN: Im ersten Punkt des Posts wird behauptet, man atme beim Tragen einer Maske seine eigene ausgeatmete Luft wieder ein, was angeblich bedeute, dass man mehr Kohlendioxid (CO2) und Stickoxide im Blut habe. Im zweiten Punkt heißt es, beim Masken-Tragen werde weniger Sauerstoff als sonst aufgenommen.

Dr. Sven Fikenzer, Sportmediziner der Klinik für Kardiologie am Universitätsklinikum Leipzig (UKL), erklärte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, dass sich seinen Studienergebnissen zufolge nicht vermehrt CO2 im Körper ansammle. Er habe zudem keine Hinweise darauf, dass es zu einer verminderten Sauerstoffanreicherung komme.

Fikenzer war Studienleiter bei einer aktuellen Untersuchung des Universitätsklinikums Leipzig, bei der die Belastbarkeit von Gesunden beim Tragen einer Maske (chirurgische Masken sowie FFP2-Masken) während körperlicher Anstrengung untersucht wurde. Es zeigte sich unter anderem eine «erhebliche Beeinträchtigung verschiedener Parameter des Wohlbefindens» der Teilnehmer.

Zudem kam heraus, dass die Leistungsfähigkeit des Herz-Lungen-Systems durch beide Masken-Typen signifikant reduziert werde. Die Masken beeinträchtigten die Atmung, «vor allem das Volumen und die höchstmögliche Geschwindigkeit der Luft beim Ausatmen.» Im Stoffwechsel sei außerdem eine schnellere Ansäuerung des Blutes bei Anstrengung registriert worden. Zu beachten gilt hierbei allerdings, dass die Probanden auf einem Fahrrad-Ergometer fuhren. Schlüsse auf Alltagssituationen können laut Fikenzer daher nicht getroffen werden. Die Studie ist laut Pressemitteilung zudem nicht «als Kritik oder als ein Infragestellen der Maskenpflicht gedacht».

In einer 2004 an der TU München eingereichten Doktorarbeit wurde nach der Benutzung von OP-Masken ein leicht erhöhter CO2-Gehalt im Blut festgestellt. Eine Erhöhung der Atemfrequenz oder ein Abfall der Sauerstoffsättigung wurde dabei aber nicht nachgewiesen. Auch beim Herzschlag gab es keine signifikante Erhöhung oder Verringerung. Die Verfasserin der Doktorarbeit, Ulrike Butz, sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Man kann aus der Arbeit keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen ableiten. Das wäre unseriös.»

Nach Angaben der Deutschen Atemwegsliga haben professionelle Masken (FFP2, FFP3) einen «erheblichen Atemwiderstand». Man brauche also mehr Kraft für die Atmung. Dies könne bei kranken Patienten zu «erheblicher Atemnot» führen. Der Anteil des Kohlendioxids im Blut könne ansteigen. «In der Praxis werden die Betroffenen jedoch rechtzeitig die Maske absetzen.» Bedrohliche Anstiege des CO2-Gehalts im Blut wegen Masken seien «unwahrscheinlich», heißt es.

Bei einem einfachen chirurgischen Mundschutz oder einer selbst hergestellten Mund-Nasen-Bedeckung sei ein Anstieg des Kohlendioxids bei gesunden Menschen unwahrscheinlich - weil diese Masken nicht völlig dicht seien. Bei Patienten mit chronischer Atemschwäche könnten aber der Kohlendioxidanteil und die «Atemarbeit» ansteigen, «sodass die Bedeckung von Mund und Nase als unangenehm oder bedrohlich und subjektiv als Atemnot empfunden wird», schreibt die Atemwegsliga in ihrem Informationsblatt.

Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) empfiehlt Vorsicht bei Patienten mit Herz- und Lungenerkrankungen sowie Atemnot, wenn es um das Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung geht. Am besten sei eine Blutgasanalyse, um die Verträglichkeit festzustellen. Je nach verwendetem Material könne beim Tragen der Maske eine größere Atem-Anstrengung nötig werden.

Das Robert Koch-Institut (RKI) empfiehlt das generelle Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes «in bestimmten Situationen im öffentlichen Raum». Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, dass Masken in der Öffentlichkeit getragen werden sollten, wenn es schwer möglich ist Abstand zu halten - etwa in Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln - und in Gegenden, in denen es viele Corona-Infizierte gibt.

In Punkt 3 des Posts heißt es: «Ihre Lunge wird nicht mehr so 'belüftet' wie es soll. (Das fördert Lungenkrankheiten!)». Zu dieser Behauptung sagte der Leitende Direktor des Instituts für Lungenbiologie am Helmholtz Zentrum München, Dr. Ali Önder Yildirim, der Deutschen Presse-Agentur: «Das stimmt so nicht. Es gibt keine Studien darüber, dass eine Maske eine Lungenerkrankung verursachen würde.»

Bei Benutzung der professionellen Masken sei bei Patienten mit Atemerkrankungen eine stärkere «Müdigkeit» beim Atmen zu erwarten. «Aber die Müdigkeit bedeutet nicht, dass eine Krankheit gefördert wird.» Falls die Kohlendioxidmenge kurzfristig steige, «wird das durch das Abnehmen der Maske innerhalb von Sekunden wieder besser sein». Masken sind mittlerweile wieder in einigen Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln in Österreich vorgeschrieben.

In Punkt 4 des Facebook-Postings heißt es, wenn die Maske länger als eine halbe Stunde getragen werde, werde sie angeblich «verkeimt». Zudem soll die Maske laut Punkt 5 Viren nicht zurückhalten (im geteilten Foto ist das Wort Viren in Anführungszeichen gesetzt).

Lungenexperte Yildirim beurteilt beide Behauptungen als unzutreffend. «Wenn wir ein- oder ausatmen, dann haben wir in unseren Atemwegen bestimmte Bakterien», erläutert er. Diese seien nicht unbedingt krankheitserregend. Weil die Maske diese Bakterien aufnehme, solle man Masken entweder nur einmal benutzen oder sorgfältig reinigen. Die eigenen Bakterien in der Maske seien kein Grund zur Sorge: «Im Prinzip sind das Bakterien, die wir eh schon in der Lunge oder im Mund haben.»

Zur Behauptung, eine Maske könne keine Viren zurückhalten, sagt der Forscher vom Helmholtz Zentrum: «Das stimmt auch wiederum so nicht.» Einfache Stoffmasken könnten «zum größten Teil verhindern, dass die Tröpfchen aus dem Mund rausgehen». Dies bedeute, dass die Viren in den Masken bleiben: «Die Maske schützt dich nicht, aber sie schützt andere Personen.»

Zur Wirksamkeit von Masken gibt es eine aktuelle Studie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. In dieser wurde die Entwicklung der Corona-Infektionszahlen in der deutschen Stadt Jena mit denen ähnlicher Städte verglichen, in denen die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes später eingeführt. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass eine Masken-Pflicht offenbar deutlich zur Eindämmung der Corona-Pandemie beiträgt.

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Links:

Facebook-Posting: https://www.facebook.com/photo.php?fbid=3084548228304784&set=a.130494177043552&type=3&theater (archiviert: http://dpaq.de/Aq3Vu)

Studie zur Belastbarkeit von Gesunden beim Tragen einer Maske während körperlicher Anstrengung: https://link.springer.com/article/10.1007/s00392-020-01704-y (archiviert: http://dpaq.de/2A9vQ)

Pressemitteilung zur Studie: https://www.uniklinikum-leipzig.de/presse/Seiten/Pressemitteilung_7089.aspx (archiviert: http://dpaq.de/BS9Jz)

Dissertation zu OP-Masken: https://mediatum.ub.tum.de/doc/602557/602557.pdf

Informationsblatt «Informationen zur Maskenpflicht in Pandemiezeiten» der Atemwegsliga: https://www.atemwegsliga.de/tl_files/eigene-dateien/informationsmaterial/16a-Maskenpflicht.pdf

Mitteilung Deutsche Gesellschaft für Pneumologie: https://pneumologie.de/fileadmin/user_upload/COVID-19/20200518PM_DGP_Nase-Mund-Masken.pdf (archiviert: http://dpaq.de/JR3nF)

Empfehlung des Robert Koch-Instituts (RKI): https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/FAQ_Mund_Nasen_Schutz.html (archiviert: http://dpaq.de/mvCUY)

Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO): https://www.weforum.org/agenda/2020/06/who-updates-guidance-on-masks-heres-what-to-know-now/ (archiviert: http://dpaq.de/TYn6g)

Aktuelle Verordnung zur Maskenpflicht in Österreich: https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblAuth/BGBLA_2020_II_332/BGBLA_2020_II_332.html (archiviert: http://dpaq.de/lLY2v)

Studie der Johannes Gutenberg Universität Mainz: https://www.uni-mainz.de/presse/aktuell/11532_DEU_HTML.php (archiviert: http://dpaq.de/JnBxu)

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