Nach der Corona-Pandemie

«Reichsbürger»-Podcast verbreitet Falschbehauptung über Nürnberger Kodex

18.04.2024, 12:51 (CEST), letztes Update: 18.04.2024, 13:08 (CEST)

Auch im Jahr 2024 wird noch mit dem Mythos der Corona-Schutzimpfung als Experiment an Millionen von Menschen online hausieren gegangen. Die Behauptungen sind nach wie vor haltlos.

Als Impfstoffe zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie entwickelt wurden, waren die Reaktionen darauf nicht nur positiv. Eine mehr oder weniger impfskeptische Bewegung formierte sich, die bis heute bei Facebook aktiv ist. Dabei wird im Zusammenhang mit der mRNA-Impfung immer wieder auf den Nürnberger Kodex verwiesen.

Bewertung

Der Nürnberger Kodex ist auf die Impfung gegen Covid-19 nicht anwendbar, da es sich dabei um kein medizinisches Experiment am Menschen handelt. Die Menschen wurden weder zur Impfung genötigt, noch wurden die Impfstoffe millionenfach an ihnen getestet.

Fakten

Der Nürnberger Kodex hat für die Diskussion rund um Corona-Impfungen keinerlei Relevanz. Denn die 1947 im Rahmen der Urteilsbegründung des Nürnberger Ärzteprozesses formulierten ethischen Richtlinien beziehen sich auf medizinische Experimente an Menschen. Damit sollten Gräueltaten verhindert werden, wie sie zum Beispiel wie in den NS-Konzentrationslagern begangen worden waren.

Keiner der Impfstoffe gegen Covid-19 wurde in einem experimentellen Stadium verimpft. Die Impfstoffe erhielten von der europäischen Arzneimittel-Agentur EMA eine bedingte Marktzulassung. Alle benötigten Zulassungsschritte wurden eingehalten und laufend streng kontrolliert. Die Richtlinien des Nürnberger Kodex wurden in jeder Phase der Zulassung eingehalten, Probanden aller Studien dazu waren Freiwillige.

Im Sharepic wird auf einen «Beitrag vom 17. August 2022» verwiesen. Worum es sich dabei handelt, wird erst nach Recherche klar: Bei Telegram ist ein Beitrag mit demselben Wortlaut zu finden, der auf ein Posting vom besagten Tag verweist, in dem vier der zehn Punkte des Nürnberger Kodex zusammengefasst werden.

Der Text im Sharepic nimmt auch Bezug auf einen Podcast. Dieser stammt vom 27. März 2024 und schneidet (ab 14:30 Minuten) auch den Nürnberger Kodex an. Zudem bringt er ihn mit einem gängigen Narrativ in Verbindung, demzufolge Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg noch immer unter Kriegsrecht steht.

Eine im Posting erwähnte Kundgebung gab es tatsächlich. Bei mehreren Versammlungen, deren zahlenmäßig größte unter «75 Jahre Nürnberger Kodex» verlief, wurde nach Angaben der Polizei ein Plakat mit einem mutmaßlich volksverhetzenden Inhalt festgestellt und ein entsprechendes Ermittlungsverfahren eingeleitet.

(Stand: 16.4.2024)

Links

Facebook-Posting mit Sharepic (archiviert)

Wortlaut des Nürnberger Kodex (archiviert)

Über die bedingte Zulassung (archiviert)

EMA-Informationen zu den Covid-19-Impfstoffen (archiviert)

Artikel des RND zum Nürnberger Kodex (archiviert)

Beitrag bei Telegram (archiviert)

Weiterer Beitrag bei Telegram (archiviert)

Podcast vom 27.3.2024 (archiviert)

dpa-Faktencheck zur Souveränität Deutschlands

Medienbericht zu «Querdenkerdemo» (archiviert)

Polizeiaussendung vom 20.8.2022 (archiviert)

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