Menschlicher Einfluss aufs Klima ist wissenschaftlicher Konsens

28.03.2024, 15:21 (CET)

Ob Menschen das Klima beeinflusst haben, sehen manche immer noch als ein umstrittenes Thema. Dabei zeichnet die Wissenschaft längst ein klares Bild.

Grafiken sind eine gute Art, komplexe Informationen auf eine einfache Weise zu kommunizieren. Allerdings kann es auch passieren, dass zu sehr vereinfachte Daten falsch zu interpretiert werden. Auf Facebook wird zurzeit ein Sharepic einer Klimagrafik geteilt, die angeblich beweisen, dass die menschlich verursachten CO2-Emissionen keinen wesentlichen Beitrag zur Klimaerwärmung leisten. Stimmt das?

Bewertung

Die Grafik stammt aus einem Diskussionspapier, das 2023 auf der Webseite der zentralen Statistikbehörde Norwegens (Statistics Norway/SSB) veröffentlicht wurde. Die Aussagen wurden schon mehrfach widerlegt. Die Autoren sind keine Klimawissenschaftler, die angewandte Methodik wurde von Klimaforschern stark kritisiert.

Fakten

Dass menschliche Aktivitäten einen nachweislichen und relevanten Einfluss auf das Klima haben, ist Konsens unter Wissenschaftlern. Seriöse Forschung zur Klimaveränderung wird zum Beispiel regelmäßig in Sachstandberichten des Intergovernmental Panels on Climate Change (IPCC) der Vereinten Nationen, dem sogenannten Weltklimarat, publiziert. Laut dem «Greenhouse Gas Bulletin» der World Meteorological Organization (WMO) waren die durchschnittlichen CO2-Konzentrationen in der Erdatmosphäre Ende 2022 um 50 Prozent höher als im vorindustriellen Zeitalter. Sie stiegen laut Bericht 2023 auch weiter.

In einer Mittelung der WMO hieß es weiter, dass die aktuelle Konzentration an CO2 in der Atmosphäre zuletzt vor drei bis fünf Millionen Jahren vorhanden gewesen sei. Damals sei die Temperatur um 2 bis 3 Grad wärmer gewesen als heute und der Meeresspiegel um 10 bis 20 Meter höher.

Das norwegische Papier: Kritik an der Methodik

Im Facebook-Claim ist eine Grafik zu sehen, die allerdings seitlich abgeschnitten ist. Mit Reverse-Image Search lässt sich die Grafik allerdings als Teil der Studie identifizieren, die im Text des Facebook-Postings auch erwähnt wird. Die Autoren des Papers, John K. Dagsvik und Sigmund Hov Moen, haben sich großteils an einem von ihnen bereits veröffentlichten Arbeit aus 2020 bedient und diese um aktuellere Daten erweitert.

Für das Papier wurden Temperaturen von Wetterstationen an Land untersucht. Die Mehrheit dieser Stationen befänden sich in Europa und Nordamerika und mäßen nur etwa 20 Prozent der Landfläche der Erde, bemängelte der pensionierte Meereswissenschaftler Svein Sundby. Die Temperaturen an anderen Orten der Welt sowie insbesondere auch über den Ozeanen würden dabei ignoriert.

Kritik von Experten

Sundby ist nicht der einzige Experten, der die Kritik geäußert hat. Hinter einer verschiedene Beiträge zusammenfassenden Kritik steht der Österreicher Edgar Hertwich, der als Professor für Industrieökologie an der Norwegian University of Science and Technology (NTNU) in Trondheim tätig ist. Dagsvik und Moen haben seines Wissens keinerlei Ausbildung oder frühere Expertise auf dem Gebiet der Klimaforschung.

Dagsvik ist pensionierter Wirtschaftswissenschaftler am SSB, der vor allem zu sozioökonomischen Themen publiziert hat. Moen ist ein Experte in Informatik. Er ist auch Universitätsdozent an der norwegischen Informationstechnologie-Universität in Oslo.

Hertwich hat sowohl das Papier als auch die SSB, die die Veröffentlichung rechtfertigte, scharf kritisiert. Es sei «problematisch», dass die Statistikbehörde so einen Bericht überhaupt veröffentliche. «Leute fassen das als offiziell begutachtete Information auf, nicht als Arbeitsnotiz», sagte Hertwich auf Anfrage der dpa. Studien werden vor der Veröffentlichung in der Regel einer Peer-Review unterzogen, das bedeutet, dass andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Arbeit bewerten.

(Stand: 28.3.2024)

Links

Facebook-Claim (archiviert)

Diskussionspapier von Dagsvik/Moen (archiviert)

IPCC Sixth Assessment Report (archiviert)

WHO Greenhouse Gas Bulletin (archiviert)

WMO-Aussendung zum aktuellen Bericht (archiviert)

NASA: Getting a Handle on Carbon Dioxide (archiviert)

Veröffentlichung aus 2020 (archiviert)

Dagsviks SSB-CV (archiviert)

Kommentar von Sundby (archiviert)

Moens Profil bei LinkedIn (archiviert)

Huppmanns IIASA-Profil (archiviert)

Infos zu Moen bei digi.no (archiviert)

Hertwich-Blogeintrag vom 19. Oktober (archiviert)

Hertwich-Beitrag bei LinkedIn (archiviert)

Hertwichs Profil an der NTNU (archiviert)

SSB-Stellungnahme (archiviert)

VG: «Überraschende Schlussfolgerungen aus etablierter Forschung» (archiviert)

Peer Review (archiviert)

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